London
Überwältigende Mehrheit für Homo-Ehe

Das britische Unterhaus steht mit großer Mehrheit hinter Camerons Reform – nicht aber seine eigenen Konservativen

06.02.2013 | Stand 03.12.2020, 0:31 Uhr

London (DK) Es kommt nicht oft vor, dass im Londoner Unterhaus geklatscht wird, aber von der Publikumsgalerie tönte begeisterter Applaus als das Ergebnis verkündet wurde. Mit 400 zu 175 Stimmen sprach sich das britische Parlament für die Einführung der Homosexuellen-Ehe aus.

Die deutliche Mehrheit von 225 Stimmen bildete, wie Umfragen belegen, durchaus den Volkswillen ab.

Wenn das Oberhaus, wovon auszugehen ist, dem Gesetz zustimmt, bekommen gleichgeschlechtliche Paare in Großbritannien das Recht, sowohl standesamtlich wie kirchlich zu heiraten. Es ist, wie die „Times“ konstatierte, „ein historischer Schritt zur völligen Gleichstellung von Homosexuellen“.

So deutlich die Abstimmung ausfiel, so zerrissen bleiben dennoch die verschiedenen Lager bei der Frage der Homo-Ehe. Die Kirchen, allen voran die römisch-katholische, aber auch die anglikanische Kirche, hatten in monatelangen Kampagnen gegen den Schritt opponiert. Die Labourpartei und die Liberaldemokraten sprachen sich mit großer Mehrheit für die Gleichstellung aus. Doch durch die Konservative Partei geht jetzt ein tiefer Riss.

Deren Chef, der Premierminister David Cameron, hatte das Gesetz auf den Weg gebracht, nicht zuletzt, um zu demonstrieren, wie weit er seine Partei schon modernisiert hat.

Das ging daneben. Von den 303 konservativen Abgeordneten stimmten nur 127 für diese Regierungsinitiative, aber 136 dagegen – darunter sogar zwei Kabinettsminister – während 40 Torys sich der Stimme enthielten. Das bedeutet, dass sich gegen Cameron fast 60 Prozent seiner eigenen Fraktion gestellt hat. Das Gesetz ging nur deswegen durch, weil die Opposition dafür stimmte.

Für die Abstimmung war der Fraktionszwang aufgehoben worden, den Abgeordneten war erlaubt worden, einzig ihrem Gewissen und nicht der Parteilinie folgen zu können. Das bedeutet, dass der Aufstand gegen Cameron rein technisch nicht als offizielle Rebellion gewertet wird und daher keine direkten politischen Konsequenzen für den Regierungschef hat. Aber die Revolte demonstriert deutlich, wie weit der Premier sich von seinen eigenen Parteifreunden entfernt hat.

Als Cameron 2006 als Parteichef antrat, hatte er seiner Partei ein umfassendes Modernisierungsprogramm verordnet: von der Konzentration auf Umweltthemen über die Veränderung des Parteilogos bis hin zu einer liberaleren Einstellung bei sozialen Themen. Von dem Programm ist nicht mehr viel übrig. Seit seinem Amtsantritt hat der Premier keine einzige Grundsatzrede zu Umweltthemen gehalten. Und seine Fraktion gefällt sich darin, immer öfter gegen den Regierungschef zu rebellieren, sei es bei Abstimmungen über Europa oder über die Oberhausreform.

Während der Debatte beschworen konservative Redner die Gefahr einer Spaltung der Partei. „Wenn wir nicht unser kulturelles Erbe und unsere bewährten Traditionen bewahren“, fragte Edward Leigh, „für was ist dann eine konservative Partei da“ Nicht von ungefähr. Tory-Abgeordnete berichteten nämlich von der tiefen Abneigung gegen das Gesetz, die ihnen von ihrer Basis in ihren Wahlkrisen entgegenschlug. Konservative würden jetzt in Scharen die Partei verlassen, um sich der weiter rechtsstehenden „United Kingdom Independence Party“ anzuschließen.

„Die Ehe ist eine großartige Institution“, hatte Cameron zuvor erklärt, „und sie sollte da sein für Menschen, die homosexuell sind und für Menschen, die das nicht sind.“ Jetzt hat er sich mit diesem Standpunkt durchgesetzt. Aber seine eigene Partei hat er damit hinter sich gelassen.