Überspitzt, verdreht und herrlich komisch

05.04.2009 | Stand 03.12.2020, 5:03 Uhr

So geht es bei Geheimrats zu: Wolfgang Seidel alias der Herr Geheimrat telefoniert, während Sohn Bubi (Carina Mnich) sich einen Spaß daraus macht, den Bittsteller (Günther Seidel) zu foppen. - Foto: Hammerl

Unterstall (ahl) Alltagsszenen überspitzt, gewürzt mit Wortdrehern, herrlich komischen Synonymen, die verständlich, keineswegs aber sprachlich korrekt sind und köstliche Situationskomik – all das gehört zum Vermächtnis Karl Valentins. Alle zwei Jahre bringen die Valentinfreunde Neuburg den großen Münchner Komiker in Erinnerung. Zwei größere Stücke, fünf Sketche bilden das diesjährige Programm, das am Freitag in Unterstall Premiere feierte.

Für den Premierenabend musste das Ensemble um Regisseur Erwin Kettl leider krankheitsbedingt auf die langjährigen musikalischen Begleiter, "Die Streichhölzer", verzichten, dafür saß Carina Mnich am Keyboard. Und mit dem abschließenden Couplet, das Publikum und Schauspieler gemeinsam anstimmten, kam noch eine weitere musikalische Note hinein. Wer weiß schon, dass es Karl Valentin war, der Ursprungsstrophen und Weise von "Ja so sans, die oiden Rittersleit" kreierte? Das Couplet ist auf jeden Fall ein gelungener Abschluss für einen höchst amüsanten Abend, der einmal mehr zeigt, dass der feinsinnige Humor Valentins immer noch aktuell ist. Bestes Beispiel sind die jugendlichen Zuschauer, die aus vollem Herzen und voller Kehle über unverhoffte Slapsticks oder Redewendungen lachen können.

Eine "Schwierige Auskunft" versucht Marion Riedelsheimer bei Josef Mayer einzuholen, so hartnäckig, dass sie am Ende zwar den Weg halbwegs weiß, dafür aber den Zug verpasst hat. Dasselbe Pärchen zeigt Szenen einer Ehe an der gemeinsam bestückten Wäscheleine und zerfleischt sich beim "Streit mit schönen Worten" süffisant gegenseitig. Kaum zu glauben, dass häusliche Mitarbeit vor 100 Jahren, zu Valentins Zeiten, schon ein Thema war! Nur dass Riedelsheimer "ein richtiger Mann, der abends ins Wirtshaus geht", viel lieber wär’, als der, den sie – wer weiß, warum – geheiratet hat. Denn der hockt bloß bei ihr daheim . . .

Carina Mnich, das Nesthäkchen der Truppe und erstmals dabei, bringt Günther Seidel – in all seinen Rollen unbestritten der Star des Abends – mit ihren bohrenden Fragen zu Krieg und seiner Arbeit in der Rüstungsfabrik ganz schön in Verlegenheit. Eine Paraderolle findet die Schülerin in Bubi, dem Sohn des Herrn Geheimrats (Wolfgang Seidel), der Vaters Büro samt Hals des Besuchers zu einer Zimmerantenne verkabelt. Rotzfrech, hinterfotzig und technikgeil – kurz, einen rechten Lausbub verkörpert sie mit offensichtlicher Freude am Spiel – ein gelungener Einstieg bei den Valentinfreunden.

Ganze Arbeit haben Alina und Verena hinter der Bühne an der Maske geleistet. Nicht nur Stefanie Schwärzli erscheint völlig verwandelt und nicht wieder erkennbar, mal als naive Tochter des Herrn Berger ("Der meint wohl, mir san so blöd, wie mir ausschaun"), mal als Dienstmädchen Fanny. Wandlungsfähig zeigt sich auch Karoline Schwärzli-Bühler, die als Apotheker kurz vorm Verzweifeln steht, bis sie dem vergesslichen Vater das richtige Medikament für dessen sechs Monate altes Kind, das "nicht sagen will, was es hat", verpassen kann: "Isopropilprophemilbarbitursauresphenildimethildimenthylaminophirazolon". Und das Ganze dreimal fehlerfrei wiederholt – einfach grandios . . .

Zu schade, dass Schwärzli-Bühler als Richterin dem Antrag des Angeklagten stattgibt und am Ende die Öffentlichkeit ausschließt, weil Mayr sonst partout nicht aussagen will. Ähnlich offen endet der Gang des Herrn Berger (Günther Seidel) "Beim Rechtsanwalt", letzterer von Kettl verkörpert.

Karl Valentin bleibt einfach einen Theaterbesuch wert, ganz besonders, wenn er so liebevoll und authentisch dargebracht wird wie hier von den Neuburger Valentinfreunden, die mit kräftigem Applaus und Bravorufen belohnt wurden.

Weitere Aufführungen in Neuburg im Gewölbekeller, bei P.A. Kunst und Kneipe: Ostersamstag, 11. April, 19.56 Uhr, Ostersonntag, 12. April, 19.55 Uhr und Ostermontag, 19.29 Uhr. Karten sind bei der Raiffeisen-Volksbank in Neuburg erhältlich.