Pfaffenhofen
Übergang ins normale Leben geschafft

Der ehemalige Bundesligaprofi Oliver Straube arbeitet mittlerweile in Pfaffenhofen

10.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:13 Uhr

Foto: Manuel Holscher

Pfaffenhofen (SZ) Früher hat Oliver Straube in der Fußball-Bundesliga beim 1. FC Nürnberg, der SpVgg Unterhaching und dem Hamburger SV gespielt. Mittlerweile interessiert sich der 44-Jährige mehr für das Kitesurfen, arbeitet in Pfaffenhofen und wohnt in der Nähe von Schweitenkirchen.

Oliver Straube hat in seiner Zeit als Fußballprofi einiges miterlebt. Er war im Trikot des 1. FC Nürnberg in der Saison 1993/94 dabei, als Thomas Helmer am 23. April 1994 für den FC Bayern München das berühmte Phantomtor erzielte. Obwohl der Ball klar am Tor vorbei ging, wurde ihm in der 26. Minute ein Treffer zugesprochen. "Beim Stand von 2:1 hatten wir dann noch einen Elfmeter, den Manfred Schwabl allerdings verschoss. Bei einem 2:2 hätte der Club vermutlich keinen Einspruch eingelegt", sagt Oliver Straube. Nach der Niederlage folgte aber das Veto des Vereins. Das fällige Wiederholungsspiel gewann der FC Bayern mit 5:0, der Club stieg am Saisonende ab, München wurde Deutscher Meister.

Es war Straubes erste Bundesligasaison, 1993 kam der in Schwaikheim Geborene vom TSF Ditzingen nach Nürnberg. "In der Jugend hatte ich bei den Stuttgarter Kickers gespielt. Wir hatten einen sehr starken Jahrgang unter anderem mit Fredi Bobic. Die halbe Mannschaft ist dann nach Ditzingen gegangen. Nach drei Jahren ging es für mich weiter nach Nürnberg, der mittlerweile verstorbene Trainer Willi Entenmann holte mich damals", sagt Straube, der vor allem auf der linken Seite hinten oder im Mittelfeld spielte.

Beim Club lief es vor allem nach der Entlassung von Entenmann Ende 1993 besser. Unter Dieter Renner, Rainer Zobel und Günter Sebert war er meistens Stammspieler. 1996 folgte nach drei Jahren aber trotzdem der Wechsel zum KFC Uerdingen. Der Verein konnte ihn allerdings nicht halten, 1998 ging es für Straube weiter zum Hamburger SV. "Ich hatte damals auch ein Angebot vom MSV Duisburg. Friedhelm Funkel wollte mich unbedingt. Ich hatte mich aber für das lukrativere Angebot aus Hamburg entschieden. Im Nachhinein hätte ich es anders gemacht", gibt er zu. Im Norden kam Straube nicht sonderlich gut zurecht und nur sehr sporadisch zum Einsatz.

Nach nur einem Jahr zog es ihn deshalb auch wieder in den Süden zur SpVgg Unterhaching. Dort erlebte er eine ganz besondere Zeit. Der Verein war gerade in die Bundesliga aufgestiegen und galt als krasser Außenseiter. Straube und Co. schafften aber mit Platz zehn sensationell den Klassenerhalt. Legendär ist mittlerweile das 2:0 am letzten Spieltag gegen Bayer Leverkusen. Durch diesen Sieg verhalf Unterhaching dem FC Bayern München zur nicht mehr für möglich gehaltenen Deutschen Meisterschaft - Straube stand auf dem Platz und erlebte alles hautnah mit: "Diese Situation wird es vermutlich nie mehr geben, dass zwei Vereine, die nur wenige Kilometer von einender entfernt ansässig sind, in eine solche Geschichte involviert sind. Viele Spieler aus unserem Team waren zuvor in der Jugend beim FC Bayern und hatten eine besondere Verbindung. Wir hatten eh schon den Klassenerhalt geschafft, das 2:0 gegen Leverkusen war der sensationelle Abschluss." Vom FC Bayern wurden einige Hachinger Spieler dann sogar noch zur Meisterfeier eingeladen.

In der folgenden Saison konnte der Verein aber nicht mehr die Klasse halten und auch im Folgejahr lief es in der Zweiten Liga nicht gut - Unterhaching wurde in die damalige dritthöchste Spielklasse (Regionalliga) durchgereicht. Oliver Straube blieb dem Verein in dieser Phase aber treu und spielte auch in der Regionalliga. 2003 ging er für ein Jahr nach Regensburg, dann zog der mittlerweile 44-Jährige nach Koblenz weiter. "In Koblenz lief es eigentlich richtig gut. Ich hatte allerdings große Verletzungsprobleme", sagt er.

Im Verlauf seiner Karriere machten Straube zwei Kreuzbandrisse sowie Knie- und Leistenoperationen zu schaffen. Die Folge war die Sportinvalidität. "Ich habe meine Reha gemacht und mich auf das Leben nach dem Fußball vorbereitet. Bei einer Entsorgungsfirma in Eichstätt habe ich den Übergang geschafft." Er machte den Lkw-Führerschein und konnte auch Gabelstapler fahren. "Ich bin wegen meiner Lebensgefährtin nach Eichstätt gegangen. Bei der Firma habe ich ganz von vorne angefangen, um alle Arbeitsschritte nachvollziehen zu können." Straube kam auch seine Ausbildung als Industriemechaniker zugute. Zwischenzeitlich dachte er nach der Fußballkarriere zwar auch an eine Laufbahn als Golftrainer (Handicap: 5) - diese Idee verwarf er aber wieder.

Stattdessen fand er sein Glück in der Entsorgungsbranche. "Ich habe eigentlich immer einen klassischen Beruf nach dem Fußball bevorzugt. Ich bin von meinem Vater immer sehr auf dem Boden gehalten worden. Deshalb fiel mir die Umstellung nicht so schwer", sagt Straube. Andere ehemalige Kollegen hätten Probleme gehabt, einen Schnitt nach der Karriere zu machen. Viele Ex-Profis halten sich deshalb mit Trainerjobs über Wasser und zehren nur von früher.

Der Schnitt, den Oliver Straube gemacht hat, war dagegen sehr konsequent. An sein letztes Livespiel im Stadion kann er sich kaum noch erinnern: "Das muss vor vier oder fünf Jahren bei den Löwen gewesen sein." Außerdem widmet er sich viel lieber seiner neuen Leidenschaft - dem Kitesurfen. "Das mache ich seit acht Jahren. Auch Snow- und Wakeboard fahre ich gerne." Seit August vergangenen Jahres arbeitet der 44-Jährige bei der Hechinger Entsorgung GmbH in Pfaffenhofen. Straube ist dort Betriebsleiter und ähnlich diszipliniert wie zu seiner Profizeit. "Ich möchte alles hundertprozentig machen. Es ist vielleicht eine kleine Schwäche von mir, dass ich manchmal ein bisschen ungeduldig bin."

Der Ex-Profi ist sesshaft geworden und hat in der Nähe von Schweitenkirchen ein Haus gebaut. Mit dem jetzigen Fußball-Profizirkus und den Milliardenumsätzen kann er nicht viel anfangen: "Beim Fußball ist sehr viel Geld im Umlauf. Ich kann schon nachvollziehen, wenn junge Spieler die Bodenhaftung verlieren. Sie verdienen mit gerade einmal 19, 20 Jahren bereits Millionen. Jeder, der die Möglichkeit hat, sein Hobby zum Beruf zu machen, sollte zwar die Chance ergreifen. Die Herausforderung ist aber, sich auch später zurechtzufinden. Ich bin deshalb froh, dass mir der Übergang vom Profisport ins normale Berufsleben geglückt ist."