Überfälliger Schritt

Kommentar

08.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:20 Uhr

Er war nicht mehr zu halten. Die Versetzung des umstrittenen Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers in den vorzeitigen Ruhestand ist ein überfälliger Schritt. Mit ihm an der Spitze wäre eine glaubwürdige Aufklärung der Skandalnacht von Köln nicht möglich gewesen.

Schließlich trägt er für das Desaster und Vertuschen Verantwortung. Und schließlich waren der Einsatz in der Silvesternacht und die Eskalation nur der traurige Höhepunkt einer Serie von Fehlern.

Tag für Tag kommt jetzt ein neues Stück Wahrheit ans Licht. Das Versagen der staatlichen Gewalt in der Silvesternacht und der Versuch, dies zu verschleiern, werden immer deutlicher. Wer wie die Kölner Polizei die Dinge nicht beim Namen nennt, wer verheimlichen will oder soll, dass Migranten und Flüchtlinge für die Ausschreitungen und sexuellen Belästigungen verantwortlich waren, der schützt die Täter, lässt die Opfer im Stich und schürt eine brandgefährliche Stimmung. Hier werden Ressentiments noch befeuert, Angriffsfläche für rechtsradikale Propaganda geliefert. Erst hatte man die Gewaltexzesse und den Kontrollverlust verschwiegen. Dann war von Kommunikationsproblemen die Rede, und jetzt stellt sich heraus, dass das Protokoll der Schreckensnacht und die Herkunft der Täter bewusst verheimlicht wurden, weil Flüchtlinge darunter waren. Die Schere im Kopf der Polizei und auch von Teilen der Politik und Medien, eine gefährliche Zensur aus falsch verstandener Toleranz heraus – das Vertrauen in die Urteilskraft und Fähigkeit zur Differenzierung der Bürgerinnen und Bürger scheinen dort nicht besonders stark zu sein.

Nach der Kölner Nacht des Schreckens wachsen die Verunsicherung und die Gefahr, dass die Stimmung kippt. Wenn sich Union und SPD jetzt in einen Überbietungswettbewerb begeben, was schärfere Gesetze und schnellere Abschiebung für straffällige Asylbewerber angeht, zeigt das zwar, dass sie die Brisanz und die Dimension der Vorfälle erkannt haben. Dass nach der reflexartigen Empörung und den starken Worten auch wirklich entschlossene Taten folgen, ist angesichts der Erfahrungen in der Vergangenheit aber eher zu bezweifeln.