Mörnsheim
Über Facebook zum Schafkopf

01.03.2011 | Stand 03.12.2020, 3:06 Uhr

Ein gutes Blatt jagte das nächste: Die Kursleiter Reiner Gambel (hinten rechts stehend) und Richard Mittl ließen der theoretischen Einführung natürlich ausgiebig die Praxis an den Spieltischen folgen. - Foto: lkm

Mörnsheim (lkm) Seit Jahrhunderten ist "Schafkopf" aus Bayern nicht wegzudenken. Doch während seine Regeln im Freistaat ehedem "mit der Muttermilch aufgesogen" wurden, kennen sie heute immer weniger Zeitgenossen unter weißblauem Himmel.

Der Kulturverein "Harte Fron Mörnsheim" will hier Abhilfe schaffen. Zumindest, was die eigene Marktgemeinde betrifft. Denn auch dort verbünden sich heutzutage die Jugendlichen eher online mit anderen Gleichgesinnten aus aller Welt, um vor dem heimischen PC "World of Warcraft" zu spielen, als dass sie ihr zu Hause verlassen und sich in einem Gasthaus zum "Schafkopf" treffen.
 
Deshalb gilt es, den Nachwuchs dort abzuholen, wo er ist: in den Weiten des Internets. Dort tummeln die Jugendlichen sich unter anderem in sozialen Netzwerken wie "Facebook" - und finden genau dort eine Einladung des Mörnsheimer Kulturvereins. Junge Damen und Herren ab 14 Jahren sollen sich zum "Schafkopfen für Einsteiger" im Mörnsheimer Gasthof "Zum Brunnen" einfinden. Natürlich werden auch konventionelle Wege der Veranstaltungswerbung beschritten.

Die Resonanz ist zwar insgesamt eher überschaubar, doch für den eigentlichen Zweck ideal. Acht angehende Schafkopfkenner finden sich zum "Karteln" ein. Da immer zu viert gespielt wird, ergeben sich genau zwei Spielrunden, die von je einem der Kursleiter betreut werden. Bürgermeister und Vereinsbeisitzer Richard Mittl ist einer von ihnen. Der andere heißt Reiner Gambel. Er ist bei der Sparkasse Eichstätt beschäftigt und damit prädestiniert für den Kassierjob bei der Harten Fron. Beide haben allerdings ein Problem: So kann Mittl mit dem Gemeinderat nicht einmal mehr Beschlüsse "auskarteln", auch wenn er wollte – es fehlt an Schafkopfspielern. Und Gambel tut sich schwer, in seinem 20-köpfigen Team drei Mitstreiter zu finden, um in den Pausen einen "Vierer" bilden zu können.

Anders sieht es an der Arbeitsstelle von Andreas Burzler aus, wo der Schafkopf noch gepflegt wird. "Oft muss ich mir anhören, was ich für einen Krampf spiele," sagt er. Genau deswegen hat er sich zum Einsteigerkurs angemeldet. Dort gingen den acht Neulingen erst einmal etwas die Ohren über, als Mittl das Regelwerk in der Theorie erklärte. "Es ist eben ein sehr komplexes Spiel mit vielen Möglichkeiten – fast wie beim Schach", so der Kursleiter. "Man muss gut rechnen, logisch denken und sich viel merken können", verrät er das Geheimnis eines erfolgreichen Schafkopfs.

Bei diesem handele es sich eigentlich um Bayerisches Kulturgut, das der Verein vermitteln wolle. Angeblich wurde das Spiel ehedem auf dem Deckel eines Fasses ("Schaff") ausgetragen, woher es seinen Namen hat. Einer anderen Erklärung zufolge haben sich die mit Kreidestrichen gezählten Spiele in früheren Tagen zu einem Schafkopf zusammengefügt. Wie dem auch sei: Im Gasthof "Zum Brunnen" wird auf Tischen gespielt, Kreide hat niemand dabei. Dafür hat jeder der Teilnehmer umsomehr Spielfreude, die sich noch steigert, als nach der Theorie die Praxis folgt. Gespielt wird zunächst mit offenen Karten, jeder Zug wird sorgfältig abgewogen. Mit Anita Schneider findet sich auch eine Dame unter den sonst männlichen "Kartlern" wieder. Der Jüngste heißt Clemens Platzer und ist gerade einmal 14 Jahre alt. "Ich habe ein Full House", klingt es plötzlich von seinem Nachbartisch herüber. "Dann bist du eindeutig beim falschen Abend", kontert Gambel schmunzelnd. Dann wird es ernst. Der erste "Wenz" wird gespielt, man "ruft die Sau" und knallt mit "der Oitn" und "dem Oitn" seine Trümpfe auf den Tisch. Die Lust auf den Schafkopf ist geweckt und vielleicht ein neues Betätigungsfeld des Kulturvereins gegründet. Denn es könnten noch weitere Kurse folgen, wie Gambel und Mittl in Aussicht stellen.