Ingolstadt
Trennungsschmerz geht vorbei

Handy-Entzug, Tag vier: Frieden mit freier Zeit geschlossen, ein gutes Buch gelesen

20.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:41 Uhr
Mal ganz andere Seiten spüren. Papier fühlen. Lesen, ohne gestört zu werden: Auch das hat das Buch dem Smartphone voraus. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Halbzeit in meiner handyfreien Woche.

Trennungen sind nie leicht zu verkraften. Diäten auch nicht. Gestern habe ich deshalb noch recherchiert - und wurde fündig: "Die Phasen der Trennung", ein Modell aus der Psychologie. Klingt genau nach meinem Befund. Langsam ergibt alles einen Sinn. Zuerst gebe es die Phase der Verleugnung, lese ich da. Ich wollte partout nicht wahrhaben, dass das Handy weg ist. Ich hatte beinahe noch das Phantomempfinden, es liege in meiner Hand. Dann kam die Wut: Warum mache ich das überhaupt? Danach habe ich versucht, zu verhandeln, ich wollte das Handy zurück. Dann Phase vier: Die Depression, das Tief, bis man die gegenwärtige Situation akzeptiert. Und die Erkenntnis: Ich sah, dass es gut war.

Jeder Tag hat jetzt einen Ordnungspunkt weniger, die Prokrastination, das Nichts-Tun durch die sonstige obligatorische Dauerpräsenz am Smartphone. Ewig habe ich es aufgeschoben, "Die Feuerzangenbowle" von Heinrich Spoerl zu lesen. Kein Bildschirm, der leuchtet, gar blendet. Seiten fühlen. Sich in Sicherheit wiegen, nicht gestört zu werden.

Gestern hat ein Kollege erzählt, er sei mit Handy am Steuer erwischt worden. Das kann mir nicht passieren, ich kann auch ohne. Während ich umblättere, denke ich: Eigentlich könnte mein Smartphone jeden Tag aus bleiben, missen würde ich es nicht. Ich bin wie ein neuer Mensch. Unbeschwert, frei, sorglos. Jetzt nur noch das Buch ausschalten. Zuschlagen meine ich.

Anna Hausmann