Ingolstadt
Travolution, Car2x und KIVI

Vor 75 Jahren ging Ingolstadts erste Ampel in Betrieb - Heute wird künstliche Intelligenz im Verkehr erprobt

23.12.2020 | Stand 26.12.2020, 3:33 Uhr
  −Foto: Pehl/Schäpe/DK-Archiv (Sammlung Fegert)

Ingolstadt - Ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art erhielten die Ingolstädterinnen und Ingolstadt vor genau 75 Jahren: Am Heiligen Abend des Jahres 1945 wurde Am Stein die allererste Verkehrsampel der Schanz in Betrieb genommen.

 

Heute kaum mehr vorstellbar, war der Schliffelmarkt seinerzeit einer der Verkehrsknotenpunkte: Mitten im Herzen der Altstadt kreuzten sich damals zwei Bundesstraßen - mit der Folge, dass sich dort eine Art Unfallschwerpunkt entwickelte. Immerhin wurden bis zu 300 Fahrzeuge gezählt - am Tag. . .

 

Die Konsequenz daraus: Eine Ampel musste her. Das gute Stück wurde am Ertl-Eck installiert und am ersten Heiligen Abend nach dem Krieg in Betrieb genommen. Die Signalanlage wurde von einem "Schutzmann", wie man damals sagte, bedient. Der Polizist stand an einem kleinen Kasten am Eck und schaltete per Drehknopf von Rot auf Gelb und Grün und umgekehrt - je nach Verkehrslage. Seinen Dienst versah er zunächst nur von 6.30 bis 19 Uhr. Dann zeigte die Ampel dauerhaft Gelb an, und am Sonntag war sie ganz ausgeschaltet. 1952 wurde die Anlage automatisiert und auf vier Ampeln samt Fußgängeranlagen erweitert. Nur mit der Verkehrsdisziplin nahmen es anfangs die Fußgänger und Radler angesichts der Neuerungen nicht so genau. . .

 

75 Jahre später zählt das Stadtgebiet genau 165 Ampeln, wobei als Ampel eine ganze Kreuzung zählt. Davon sind 53 Fußgängerampeln. Durchschnittlich kommen jährlich zwei neue hinzu, weiß Ulrich Schäpe vom Amt für Verkehrsmanagement, abgebaut wird keine. Eine Fußgängerampel kostet rund 17000 Euro, wobei der Tiefbau mit 33000 Euro noch hinzukommt. In zwei Jahren werden alle mit LED statt Glühbirnen ausgestattet sein: Sie halten bis zu 20 Mal länger und sparen 70 Prozent Strom.

Ein Großteil der Ampeln ist an die zentrale Steuerung angeschlossen, Daten wie etwa aus den Induktionsschleifen in den Straßen werden im Sekundentakt abgefragt und übermittelt. Deren Steuerung erfolgt über unterschiedliche Programme je nach Tageszeit. Laut Schäpe ist Ingolstadt hier schon sehr weit. Während etwa München, wo er zuvor Jahre tätig war, Ampeln nur punktuell optimiert und sozusagen die Staus alle paar Monate verlagert, betreibt Ingolstadt ein vernetztes System - Stichwort Travolution. Seit 2008 gibt es diese Ampel-Vernetzung an großen Straßen mit dem Ziel einer flüssigen Verkehrsführung. "Sicherheit geht vor Leistungsfähigkeit", betont Schäpe dabei.

Doch in der Schanz ist man längst weiter: Car2x lautet die Abkürzung, wenn Ampeln und Autos miteinander kommunizieren. Ingolstadt ist laut Schäpe eine der ersten Städte in Deutschland, die dies umsetzen. In zwei Jahren, so verspricht der Ingenieur, sollen alle Ampeln im Stadtgebiet gerüstet sein. Die Stadt liefert die Daten, Autobauer und Firmen entwickeln daraus Algorithmen. Der Vorteil: Wenn viele Autofahrer dieses Ampel-Auto-System nutzen, "schwimmen" die anderen im Verkehr mit. Und mit KIVI ist man noch einen Schritt weiter: Das Forschungsprojekt will an zehn Kreuzungen künstliche Intelligenz im Straßenverkehr erproben.

DK