Hilpoltstein
Trauriger Rekord für Bayerns Mehlschwalben

Endergebnis der Stunde der Gartenvögel bestätigt Abwärtstrend der Gebäudebrüter Mehr Rotkehlchen und Waldvögel

14.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:40 Uhr

Hat es nicht mehr in die Top Ten geschafft: die Mehlschwalbe. Damit setzt sich der Abwärtstrend der vergangenen Jahre fort, ähnlich ergeht es auch dem Mauernsegler. Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen sind beide Arten analog zur bayerischen Erhebung ebenfalls weniger gesichtet worden. - Foto: Gläßel/LBV

Hilpoltstein (DK) Die beiden Flugkünstler Mehlschwalbe und Mauersegler sind die Verlierer der "Stunde der Gartenvögel Plus" 2016. Besonders schlecht bestellt ist es um die Mehlschwalbe, die zum ersten Mal in den zwölf Jahren der Aktion nicht mehr zu den häufigsten zehn bayerischen Gartenvögeln zählt.

Mit Platz elf bei der Mehlschwalbe und Platz 13 beim Mauersegler setzt sich der Abwärtstrend der vergangenen Jahre fort. Die sogenannten Gebäudebrüter gehören zum wiederholten Mal zu den Verlierern der gemeinsamen Bürgerforscher-Aktion von LBV und seinem bundesweiten Partner NABU. Wie in den Vorjahren bleibt in Bayern der Haussperling unangefochtener Spitzenreiter vor der Amsel und der Kohlmeise. Exoten wie der Bienenfresser nehmen zu. Nachdem die Mehlschwalbe bereits im Vorjahr zurückgegangen war, bestätigten sich die Befürchtungen der Naturschützer, denn sie rutschte in Bayerns-Vogelhitparade erneut ab. "Der Mehlschwalbe fehlt es bei uns zunehmend an Nahrung, Nistmaterial und Nistmöglichkeiten", so Martina Gehret, Citizen-Science-Beauftragte des LBV. Ihr anhaltender Rückgang ist durch drei Faktoren bedingt: Mehlschwalben finden nicht mehr genügend Fluginsekten zu fressen, sie finden durch die Versiegelung nicht mehr genügend Lehm zum Nestbau, und viele Hausbesitzer lassen sie keine Nester mehr an den Fassaden bauen. "Hinzu kommt, dass sie als Zugvögel immer weniger geeignete Lebensräume in ihren afrikanischen Durchzugsgebieten finden, da sich dort die Wüsten zunehmend ausbreiten", so die LBV-Expertin weiter.

Ein erfreuliches Ergebnis hingegen erzielte das Rotkehlchen. Es wurde in fast jedem zweiten Garten beobachtet und kletterte auf Platz zwölf. "Der Grund dafür ist sicherlich der milde Winter 2015/16, da seine Bestände als Insektenfresser stark witterungsabhängig sind", erklärt Gehret. Neben dem Rotkehlchen sorgen auch einige typische Waldvögel für eine Überraschung. Zum einen wurden Buntspecht (17.) und Kleiber (18.) weitaus häufiger in den bayerischen Gärten gezählt als noch im vergangenen Jahr. Zum anderen wurde der Eichelhäher vor allem nördlich der Donau besonders oft gemeldet und konnte sogar drei Positionen gut machen (19.). "Warum immer mehr Waldvögel in unsere Gärten umziehen, können wir derzeit aber noch nicht genau erklären", so Gehret. Für Aufsehen sorgten in diesem Jahr einige besonders spektakuläre Entdeckungen. So wurde im Unterallgäu eine Gruppe von 30 Bienenfressern gesichtet. Auch wenn sich die knallbunten Vögel wahrscheinlich auf dem Frühjahrsdurchzug befanden, hatten sie es nicht mehr weit, da es in Schwaben bereits einige Brutkolonien gibt. "Diese und eine weitere Meldung von sechs Bienenfressern im Landkreis Würzburg bestätigt unsere Beobachtungen der letzten Jahre, dass sich bedingt durch den Klimawandel immer mehr dieser exotischen und früher extrem seltenen Vögel nun auch bei uns in Bayern ansiedeln", erklärt Martina Gehret.

Aus dem Landkreis Nürnberger Land erreichte den LBV außerdem die Meldung eines Wiedehopfs, der dort schon seit mehreren Jahren immer wieder in einem Birnbaum beobachtet wird. "Das ist insofern erfreulich, da es sich dabei um einen sehr seltenen Zugvogel handelt, der sich nun wieder vermehrt in Bayern ansiedelt." In diesem Gebiet konnte bereits früher ein Brutverdacht bestätigt werden.

Auch im Landkreis Würzburg und zwei weiteren Gebieten wurde der Vogel mit seinem auffällig markanten Kopfschmuck und dem langen Schnabel bei der Nahrungssuche am Boden beobachtet. Richtig exotisch wurde es schließlich am Pfingstsonntag in Hilpoltstein: Dort wurde sogar ein Flamingo im Überflug Richtung Norden beobachtet, der sich offensichtlich auf den Weg aus dem Seenland zurück in den Nürnberger Zoo befand.

Bayernweit nahmen knapp 8000 Naturfreunde an der Stunde der Gartenvögel Plus teil und zählten gemeinsam fast 200 000 Vögel. Als häufigste Art wurde dabei der Haussperling gemeldet. Amsel und Star folgen an zweiter und dritter Stelle. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Plätze vier und fünf lieferten sich Kohlmeise und Feldsperling. Dahinter landete die Blaumeise auf Rang sechs. Es folgen Elster (7.), Grünfink (8.), Buchfink (9.) und Rabenkrähe (10.).