Hollenbach
Traum von der eigenen Streuobstwiese

Silvia und Hubertus Kühlwein setzen sowohl auf bewährte wie auch moderne Sorten

19.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:56 Uhr

Ein Insektenhotel steht am unteren Ende der Vogelschutzhecke, die allerlei Getier Nahrung und Schutz bietet. - Fotos: Hammerl

Hollenbach (DK) Eine Landschaft ohne Bäume, Sträucher oder Hecken - das ist nicht Silvia Kühlweins Ding. "Ich bin ein Waldmensch", sagt die Hollenbacherin. Als sich die Gelegenheit bot, eine Wiese zu pachten, schlugen sie und ihr Mann Hubertus zu, um Akzente in die Landschaft zu setzen.

"Mir ging es darum, dass etwas in der kahlen Landschaft steht", erzählt sie. So wurde aus dem etwa 1,5 Tagwerk großen Grundstück eine Streuobstwiese mit zunächst 16 Obstbäumen in drei Reihen. Alles sind Hochstämme, wie sie in heimischen Gärten mit sinkenden Grundstücksgrößen immer seltener werden. Bei der Sortenwahl setzten die Kühlweins einerseits auf alte, bewährte Ostsorten, andererseits auf moderne Züchtungen mit Resistenzen, beispielsweise gegen Schorf, Mehltau oder Feuerbrand. Pirella ist so eine neue Sorte, die große Früchte, leuchtend rot auf gelbem Grund, trägt und mit ihrem süß-säuerlichen, fruchtigen Aroma zu den Lieblingssorten des Ehepaars gehört. Die wohl älteste Sorte dürfte Danziger Kant sein, die bereits um 1700 bekannt war. Kaiser Wilhelm und Landsberger Renette sind rund 150 Jahre alte Züchtungen, der Wettringer Taubenapfel bringt es immerhin schon auf etwa 115 Jahre. Bei den Birnen setzt Silvia Kühlwein ganz auf alte Sorten. Die Züchtungen Madame Verté und Gellerts Butterbirne haben das biblische Alter von 200 Jahren, die Winterbirne mit dem pompösen Namen "Gräfin von Paris" hat immerhin schon 130 Jahre auf dem Buckel. Unter den ersten, 1998 angepflanzten Obstbäumen, die von den Kreisfachberatern Erwin Pommer und Sabine Baues-Pommer mit ausgesucht wurden, sind zudem zwei Zwetschgen, Wangenheims Frühe, die im August erntereif wird, und die Hauszwetschge Etscheid, die im September reift.

Nach und nach ergänzten die Kühlweins die Streuobstwiese um zwei weitere Baumreihen mit zwei Zwetschgen und zwei Apfelbäumen, einer Reneklode, jeweils einer Süß- und Sauerkirsche, Apfelquitte, Walnuss und einer Kreuzung zwischen Aprikose und Mirabelle, der Aprimira. Letztere beiden wurden erst im Herbst vergangenen Jahres gepflanzt. Ganz frisch, erst seit vergangenem Wochenende, sind noch die Maulbeere "Jerusalem" und eine Mispel hinzugekommen.

Ein Bienenbaum steht jetzt noch auf der Wunschliste der Obstgärtnerin. Gepflanzt wird er voraussichtlich im Rahmen einer Aktion der Dorferneuerung Ehekirchen. Beim so genannten Bienenbaum handelt es sich um eine Eschenart, die unter vielen Namen bekannt ist, darunter auch Honigbaum, Samthaarige Stinkesche oder Bee Bee Tree. Interessant ist er weniger wegen seiner Beeren, die im Spätherbst als Vogelfutter dienen, als vielmehr als Bienenweide im Spätsommer. "Er blüht, wenn sonst nichts blüht und die Bienen keinen Nektar mehr finden", erklärt Hubertus Kühlwein. Der Vorsitzende des Gartenbauvereins Hollenbach besitzt selbst drei Bienenvölker, von denen eines seinen Standort an der Streuobstwiese zwischen Hollenbach und Dinkelshausen hat.

Um noch mehr für die Fauna zu tun, hat sich Silvia Kühlwein ein besonderes Geburtstagsgeschenk gemacht. "Das Feldgehölz habe ich mir zum 50. Geburtstag selber geschenkt", erzählt die heute 56-Jährige lachend. Zu Spaten und Schaufel hat aber auch ihr Ehemann gegriffen. Nach einem Plan von Sabine Baues-Pommer entstand eine circa 100 Meter lange, zwei Meter breite und bis zu vier Meter hohe Vogelschutzhecke, die allerlei Kleingetier, von Insekten bis zum Niederwild Unterschlupf und Nahrung bietet. Auch Greifvögel nutzen die Hecke als Sitzplatz, denn "es gibt jede Menge Mäuse dort", wie Hubertus Kühlwein anmerkt. Ebereschen, Holunder, Haselnüsse, Salweide, Kornelkirsche, Pfaffenhütchen, Liguster, Alpenbeere, die Gemeine Heckenkirsche, Steinweichsel, Traubenkirsche und vieles mehr haben hier ihren Platz gefunden.

Platz wäre eigentlich noch für ein oder zwei weitere Baumreihen. Sie liebäugelt bereits damit, doch er winkt ab: "Wir brauchen nichts mehr" und fragt, wer denn das alles essen solle? Von der Arbeit ganz zu schweigen. Das Obst wird zu Saft gepresst, zu Mus oder Marmelade verkocht, Silvia Kühlwein backt Apfelstrudel oder Pflaumenstreuselkuchen und natürlich weckt sie jede Menge Obst ein.

Die Wiese unter den Bäumen mäht ein Landwirt zweimal im Jahr. "Wir haben zwar einen Sensenkurs gemacht, das aber schnell wieder aufgegeben", verrät die Hollenbacherin lachend. Den Baumschnitt erledigt sie selber. "Damit es keinen Streit gibt", ergänzt ihr Mann, denn er würde mehr zurückschneiden als sie.