Nürnberg
Traum vom reinen Fußballstadion

Zu wenig Flair, zu wenig Einnahmen: Dem 1. FC Nürnberg gefällt es in seiner Arena nicht mehr

23.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:12 Uhr

Weitläufig und großzügig präsentiert sich das Frankenstadion, nicht gerade ein Vorteil für eine Fußballarena. - Foto: Dierenbach

Nürnberg (HK) Club-Fans verstehen derzeit die Welt nicht mehr: Während der designierte Aufsteiger auf dem Rasen wie ein vermeintlicher Absteiger agiert, träumt man in der Chefetage des Zweitligaclubs öffentlich von einem schicken neuen Stadion.

Wenn die Mannschaft schon das Tor nicht trifft, muss wenigstens die Kulisse stimmen. So könnte man die Stadionpläne beschreiben, die derzeit der 1. FC Nürnberg trotz Torflaute öffentlich kultiviert. Keine 24 Stunden nach der neuerlichen Blamage beim Karlsruher SC, schwärmt der Finanzvorstand des 1. FCN ganz groß von den Vorzügen eines reinen Fußballstadions.

Als Vorbild schwebt Rolf Woy die imposante Kulisse der Dortmunder Arena im Kopf herum. Ohne die störende Tartanbahn für die Leichtathleten, so das Kalkül, könnten auch die fränkischen Fans im ehemaligen Frankenstadion ihre Mannschaft besser anfeuern. Woy wünscht sich eine rot-schwarze Mega-Tribüne mit Platz für 20 000 Club-Fans, die direkt ans Spielfeld grenzt.

Konkrete Pläne liegen bei dem Vereinsvorstand schon in der Schublade. Der Club hat 2013 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben und das Ergebnis bei der letzten Mitgliederversammlung vor einem Jahr kurz vorgestellt. Fazit der Studie: Ein Abriss kommt nicht in Frage. Ein Umbau zu einem reinen Fußballstadion sei dagegen möglich. Dazu müsste das Spielfeld um 180 Grad gedreht werden. Die genauen Umbaupläne will der Club noch nicht an die große Glocke hängen. Denn das Stadion gehört der Stadt und nicht dem Club.

Betrieben wird der 1928 eingeweihte Fußballtempel am Dutzendteich derzeit von einem großen deutschen Baukonzern. Die Stadt hält nur 25 Prozent an der Betreibergesellschaft. Die jährlichen Millionendefizite des Stadions muss die Stadt freilich alleine tragen.

Allerdings läuft im Sommer nächsten Jahres der langjährige Vertrag mit dem Baukonzern aus. Dann wird sich die Stadt europaweit nach einem neuen „Hausmeister“ umschauen müssen. Der 1. FC Nürnberg will sich dafür nicht bewerben. „Der Club will sich nicht an einer Ausschreibung als neuer Betreiber für das bestehende Stadion beteiligen“, sagt Sportvorstand Martin Bader auf Anfrage. Gleichzeitig will man die Umbaupläne stärker denn je verfolgen. Gemeinsam mit der Stadt will Bader die Voraussetzungen schaffen, „um perspektivisch die Ergebnisse unserer Machbarkeitsstudie zu verwirklichen“.

Der Hintergrund sind die relativ geringen Einnahmen des Clubs im Vergleich zur Konkurrenz. Das hübsche Sümmchen aus dem Verkauf der Namensrechte des Stadions ging beispielsweise nicht an den Verein, sondern an die Betreibergesellschaft. Die derzeitige Vereinsführung verfolgt mit den Umbauplänen zwei Ziele gleichzeitig: Die Attraktivität der Heimspiele erstens zu steigern und zweitens die Vermarktungsmöglichkeiten zu verbessern. „Trotz des Schwerpunktes der Fußballnutzung muss der Ansatz gegeben sein, die Drittvermarktung als Veranstaltungsstätte attraktiver zu gestalten“, sagt Finanzvorstand Woy verklausuliert. Auch bei der „Fußballnutzung“ soll mehr Geld in die Kasse kommen. „Der Hospitalitybereich stellt 30 Prozent der zuschauerabhängigen Einnahmen dar. Durch die Erhöhung des Verhältnisses der Business-Plätze zur Gesamtkapazität könnten die Gesamteinnahmen überproportional gesteigert werden“, wird Woy konkreter.

Während der Verein von besseren Einnahmen träumt, bereitet die sportliche Talfahrt auch der Stadt finanzielle Kopfschmerzen. Denn durch den Abstieg hat sich die Stadionmiete verringert, die der Club bei Heimspielen berappen muss. Gerhard Albert von der Stadiongesellschaft spricht von einem knapp siebenstelligen Betrag, der der Stadt durch die Zweitklassigkeit des Vereins jährlich entgeht. Deshalb betrachtet man die Stadionpläne skeptisch. „Ich glaube nicht, dass der Club in einem reinen Fußballstadion besser spielt“, sagt Albert.

Deutlicher noch wird Hanns-Thomas Schamel: „Bei dem aktuellen Tabellenstand haben wir beim Club wirklich andere Probleme, als laut über ein neues Stadion nachzudenken.“ Der Unternehmer aus Baiersdorf, der bei der Mitgliederversammlung am 30. September für den Aufsichtsrat kandidiert, fragt sich, warum der Verein gerade jetzt die Stadionpläne thematisiert. „Das dürfte ein Ablenkungsmanöver der Vorstandsebene vor der Mitgliederversammlung sein“, vermutet Schamel.

Weil derzeit wohl einige in Nürnberg so denken dürften, helfen dem Club wohl nur viele Tore und weniger große Worte, um den Träumen von einem neuen Stadion einen Schritt näher zu kommen.