Manching
Tragischer Unfall auf der Donau

13 Menschen sterben vor 100 Jahren, als der Kahn zum Spielball des Flusses wird

19.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:06 Uhr

Auf diesem historischen Foto mahnte der damalige Bürgermeister Josef Münzhuber (rechts) den Kahnführer Nikolaus Engel, die angedachte Fahrt wegen des Hochwassers nicht zu unternehmen. ‹ŒArch - foto: Schmidtner

Manching (DK) Unter den Einwohnern von Manching, die heute genau vor 100 Jahren - am 20. Mai 1917, einem Sonntag - die Frühmessen in der Kirche St. Peter besuchten, befanden sich 13 Bürger, die die Mittagsstunde nicht mehr erleben sollten.

Die Stimmung der Ausflügler - es handelt sich um Beschäftigte der Pulverfabrik Ebenhausen, Angehörige des technischen Betriebsbataillons und Fronturlauber - hätte bei dem sonnigen Frühlingswetter nicht besser sein können: Seit Wochen fieberten sie dem Tag entgegen, für den eine lustige Frühlingsfahrt von Manching über die Donau nach Kelheim geplant war. Die Fahrt endete tragisch.

Nach dem Gottesdienst begab sich die kleine Reisegesellschaft an die Paar, wo das Boot des Fischers Nikolaus Engel bereit lag. Fünf Frauen und zwölf Männer nahmen in dem Kahn Platz, bevor Engel das Boot von der Kette löste und als Letzter einstieg.

Die Schneeschmelze war verspätet eingetreten; ausgiebige Regenfälle in den Wochen davor hatten die Donau zusätzlich ansteigen lassen. Bevor das Holzboot mitsamt seinen Insassen von der Anlegestelle am heutigen Fußgängersteg zur Bergstraße Richtung Donau verschwand, machte der damalige Bürgermeister Josef Münzhuber laut der Überlieferung auf die Gefahren der Hochwasser führenden Flüsse aufmerksam und wollte mit mahnenden Worten die Fahrt verhindern. Vergebens.

Im Vergleich zur sanften Paar benahm sich die Donau wie ein reißender Strom, die Gischt schäumte auf, das Wasser überschlug sich und kam dahergeschossen. Trotz aller Umsicht konnte Engel nicht verhindern, dass der Kahn von der unaufhaltsamen Strömung erfasst wurde und sich einmal um sich selbst drehte. Die Frauen schrien auf - aber da hatte der erfahrene Kahnführer das Boot schon wieder im Griff.

In pfeilschneller Fahrt ging es nach der Überlieferung nun auf der Donau dahin. Nach dem ersten Schrecken setzten die Musikanten ihre Instrumente wieder an, die Frauen sangen zwar nicht mehr so frohgemut mit, aber die Musik übertönte wenigstens das Brausen und Toben der Donaufluten. Als die Alte Herzogstadt Vohburg in Sicht kam, richteten die Insassen alle Aufmerksamkeit auf die Brücke und deren Pfeiler, zwischen denen das Wasser hindurchschoss. Ruhig steuerte Engel das Boot zwischen den Betonpfeilern hindurch, getrieben von den Wassermassen.

Die Turmuhr der Pförringer Kirche zeigte wenige Minuten vor halb elf, als das Unglück geschah. Das Boot suchte sich seinen Weg zwischen den Brückenpfeilern hindurch. Engel musste bewusst gewesen sein, welche Folgen es haben würde, wenn er nicht an den Pfeilern vorbeikam. Diesmal wollte es das Schicksal anders: Die Strömung war stärker als der Mann am Steuer, das Boot geriet aus der Fahrrinne, wurde ruck, zuck zum Spielball des Flusses. Als das Boot an den Pfeiler krachte, erschallte ein Aufschrei der Insassen, die ins Wasser geschleudert wurden. In Sekundenschnelle schob das Wasser den Kahn am schrägen Pfeiler hoch, es überschlug sich. Mit Schrecken beobachteten einige Fußgänger von der Brücke aus und ein in der Nähe vorbeikommendes Segelboot das Unglück. Aber sie hatten keine Möglichkeit zu helfen.

Die Ausflügler wurden von den wilden Wassermassen mitgerissen. Da und dort zeigte sich noch ein Kopf, streckten sich vergeblich Hilfe suchende Hände aus den Fluten. Wenige Minuten später war nichts mehr zu hören. Nur fünf Männern gelang es, das rettende Ufer zu erreichen. Bei einer großangelegten Suche wurden nur noch ein paar Hüte und Kleidungsstücke aus der Donau geborgen. Erst Tage später sollen die Leichen geborgen worden sein. Ob alle gefunden wurden, ist nicht überliefert.