Träume im Auenland

11.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:04 Uhr
Die Donau-Auen bei Ingolstadt: Die Wälder, Altwasser und Lichtungen entlang des Flusses sind einzigartige Lebensräume für seltene Tiere und Pflanzen. −Foto: Schalles

Mit dem Bayerischen Wald und dem Berchtesgadener Land gibt es derzeit zwei Nationalparks in Bayern. Die bayerische Staatsregierung plant, einen dritten zu gründen. Zwischen Donauwörth und Kelheim denkt mancher schon über einen Nationalpark Donau-Auwald nach.

Die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) hat eine Projektgruppe eingesetzt, die sich im Freistaat nach geeigneten Gebieten für einen dritten Nationalpark umsieht. Im August kam die Kommission nach Neuburg, um sich über die Auwälder und anderen Naturräume entlang der Donau zu informieren. Tatsächlich gelten die Flusslandschaften zwischen der Lechmündung bei Marxheim und Ingolstadt sowie weiter bis zum Kelheimer Donaudurchbruch als ökologisch besonders wertvoll. Hier leben seltene Tier- und Pflanzenarten in speziellen Ökosystemen, wie regelmäßig überfluteten Wäldern, Altwassern, sonnenbeschienenen Felsen und Steilufern, mageren Wiesen und lichten Baumbeständen.

Unter anderem macht sich der Bund Naturschutz für einen Nationalpark Donau-Auen stark, priorisiert aber nach wie vor den Steigerwald mit seinen alten Buchenbeständen. Auf politischer Ebene haben sich zumindest Roland Weigert (FW), Landrat des Kreises Neuburg-Schrobenhausen und Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) in dieser Sache ausgetauscht. Man stehe der Angelegenheit „grundsätzlich durchaus positiv“ gegenüber. Weigert hat bereits einige Ideen entwickelt. Sein Stellvertreter Alois Rauscher (CSU) bleibt zurückhaltend: „Ich warne vor übertriebenen Erwartungen.“ Jetzt soll auch der Landrat von Donau-Ries, Stefan Rößle (CSU), für einen Nationalpark gewonnen werden.

Stromabwärts spielen diese Überlegungen derzeit noch keine große Rolle. Martin Neumeyer, erst seit Anfang November neuer Landrat in Kelheim, kennt zwar die Planungen der Staatsregierung, einen dritten Nationalpark zu schaffen. Dass sein Heimatlandkreis dabei zum Zug kommen könnte, war dem CSU-Politiker bislang aber nicht bekannt. Doch allein schon wegen der Eigentumsverhältnisse an der Donau hält er einen Nationalpark in dieser Dimension für „schwer vorstellbar“. Rückenwind erhalten die Überlegungen aus Ingolstadt und Neuburg hingegen von den Kelheimer Naturschützern. Dem Vernehmen nach wird über eine Machbarkeitsstudie nachgedacht. Fraglich ist allerdings, wer die Kosten übernehmen soll. Manch einer zwischen Donauwörth und Kelheim hofft auf Unterstützung des bayerischen Umweltministeriums.

Einer der rührigsten Verfechter der Idee ist der Grüne Rupert Ebner, Umweltreferent der Stadt Ingolstadt. „Das ist eine Chance für die gesamte Region“, ist Ebner überzeugt. Tatsächlich machen die Nationalparks in Berchtesgaden und dem Bayerischen Wald – unabhängig vom Gewinn für Natur- und Artenschutz – als beliebte Tourismusziele einen erheblichen Wirtschaftsfaktor aus.

Eine Voraussetzung für einen Nationalpark ist eine Gesamtfläche von mindestens 10 000 Hektar. Die könnten erreicht werden, wenn alle schützenswerten Gebiete zwischen Marxheim und Kelheim zusammengezählt werden, so Ebner. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) habe sich mittlerweile von der Vorstellung verabschiedet, der künftige dritte Nationalpark Bayerns müsse aus einem zusammenhängenden Gebiet bestehen, versichert der Umweltreferent. Seehofer wird aber weiter mit der Forderung zitiert, ein neuer Nationalpark solle vor allem Staatswald umfassen. Privatbesitzer sollten nicht das Gefühl haben, „enteignet“ zu werden. Im Falle eines Nationalparks Donau-Auen müsste sich der Freistaat allerdings unter anderem mit dem Wittelsbacher Ausgleichsfonds auseinandersetzen, der große Waldanteile in dem fraglichen Gebiet besitzt.
Die Diskussionen um einen dritten Nationalpark in Bayern entzündeten sich im Steigerwald, der vielen als prädestiniert erschien. Das bayerische Kabinett hat sich nach teils heftigen Auseinandersetzungen von Nationalparkbefürwortern und -gegnern klar gegen einen Nationalpark Steigerwald ausgesprochen. So mancher politische Beobachter argwöhnt, mit der Suche nach einem alternativen Gebiet für einen Nationalpark solle die Diskussion im Steigerwald beruhigt werden. Die Landtags-SPD forderte deswegen einen „konkreten Fahrplan“ für einen dritten bayerischen Nationalpark: Die Entscheidung müsse im kommenden Jahr „also noch vor dem Landtagswahlkampf getroffen werden“. Dabei solle auch der Steigerwald in Betracht gezogen werden.
Gute Aussichten werden dem Spessart als größtes Mischlaubgebiet Deutschlands und dem Berghügelland Rhön zugesprochen. Auch das Ammergebirge wird gehandelt. Wie gut die Chancen für das Auenland entlang der Donau tatsächlich sind, lässt sich kaum abschätzen. Die mehrheitliche Entscheidung der Neuburger für eine weitere Donaubrücke quer durch den Auwald dürfte zumindest nicht als Rückenwind für die Idee gelten. Ein Nationalpark würde sich mit diesem Vorhaben jedenfalls nur schwer vereinbaren lassen.

So sind sich auch die Befürworter des Plans im Klaren darüber, dass auf einem Weg zu einem Nationalpark so manche heftige Diskussion auszustehen sein würde. „Trotzdem ist es wert, zumindest darüber nachzudenken“, sagt Ebner.