Riedenburg
Traditionsgasthaus in Prunn droht der Abbruch

Eigentümer Josef Lehner: Stadt und Landratsamt blockieren den Erhalt der Immobilie und die Schaffung neuer Wohnungen

16.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:58 Uhr
Der ehemalige Gasthof Lehner in Prunn steht seit etwa 30 Jahren leer. Josef Lehner möchte ihn sanieren, um acht Wohnungen in der Immobilie zu schaffen. −Foto: Schmied

Prunn (ksm) Der Erlös aus dem Verkauf von zwei Bauplätzen soll in die Sanierung des ehemaligen Gasthofs Lehner fließen: Geht es nach dem Willen von dessen Eigentümer Josef Lehner, könnten auf diese Weise in der aktuell leerstehenden Immobilie im Prunner Ortskern acht Wohnungen entstehen. Sein Bauvorhaben sieht er allerdings seitens der Stadt Riedenburg und des Landratsamts Kelheim blockiert.

Es werde ihm immer wieder ein neuer Grund präsentiert, aus dem auf einer rund 2000 Quadratmeter großen Fläche oberhalb des ehemaligen Gasthofs kein Baurecht geschaffen werden könne, schimpft Josef Lehner im Gespräch mit unserer Zeitung. Erst sei es die vermeintliche Felssturzgefahr gewesen, dann die vermeintlich unzulässige Lage des Areals im Außenbereich, dann die ökologische Bedeutung der Fläche, dann eine vermeintliche Gefälligkeitsplanung. Salamitaktik sei ihm im Mai vergangenen Jahres vom Riedenburger Stadtrat vorgeworfen worden. Dies könne er nur zurückgeben, so Lehner. Mehr Details habe das Gremium damals gefordert, dabei sei alles besprochen gewesen, betont der Prunner. "Bei jeder Besprechung habe ich den Hinderungsgrund widerlegt, dann kam der nächste." Dabei wolle er doch nur wie jeder andere behandelt Bürger werden. "Aber die legen sich das Recht aus, wie sie es gerade brauchen, und widersprechen sich dabei ständig selbst. Man misst hier mit zweierlei Maß."

Um was geht es? Im April 2018 hat Josef Lehner eine Bauvoranfrage für die Erschließung von zwei Bauplätzen sowie einen Antrag auf Ortsabrundung gestellt. Auf dem Areal, auf dem sich einst das Freibad des Hotels befand, und das heute als Wiese zwischen der Wohnbebauung zu beiden Seiten liegt, sollten die Parzellen entstehen. Diese hätte Lehner veräußert und den Erlös daraus in die Sanierung des ehemaligen Gasthofs Lehner gesteckt. So hätte seiner Ansicht nach eine Baulücke im Dorf geschlossen werden können. Gleichzeitig könnte man einem der ältesten Gebäude des Ortes zu neuem Glanz verhelfen - und sogar noch etwas gegen die allgemein herrschende Wohnungsnot tun. Die Kosten für die Sanierung schätzt Lehner auf etwa 1,5 Millionen Euro. Über Mieteinnahmen alleine sei das Projekt nicht zu finanzieren, das Geld aus dem Grundstücksverkauf sei darum unbedingt notwendig, lautet seine Argumentation. Aussicht auf Erfolg? "Womöglich müssen wir den Gasthof abreißen", beschreibt Lehner den schlimmsten Fall.

Im 16. Jahrhundert sei die Familie Lehner als Besitzer des Gebäudes zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden, sagt der Prunner. Es gehe ihm darum, seine Heimat zu erhalten. Seit 30 Jahren steht das Gebäude leer, bis zum Schluss sei eine Wirtschaft darin gewesen. "Zur Zeit des Baus des Main-Donau-Kanals ging der Umsatz in den Keller. Mein Vater hat sich darum entschieden, zuzusperren", erinnert sich Josef Lehner. Zwischenzeitlich seien schon einmal Mieter untergebracht gewesen, allerdings war das eine Übergangslösung. Eigentlich gehört der Gasthof saniert. Die Zeit dränge, das Dach werde zunehmend undichter. "Wir haben keine Zeit, noch fünf oder zehn Jahre ins Land streichen zu lassen", sagt Lehners Frau Karolina. "Man kann jetzt nicht einfach das Dach machen, das Gebäude muss von Grund auf wieder hergerichtet werden." Geht es nach den Lehners, sollen acht Mietwohnungen mit einer Größe zwischen 80 und 100 Quadratmetern entstehen.

 

Immer wieder werde die Wiederbelebung der Ortskerne propagiert, werden dafür Millionen Euro an Fördergeldern bereitgestellt. "Wenn ich das als Privatmensch machen möchte, werde ich blockiert. Für mich ist das paradox", poltert Josef Lehner. Dabei habe die Stadt im Frühjahr 2017 sogar angefragt, ob Bereitschaft besteht, den insgesamt 13000 Quadratmeter großen Bereich zu verkaufen, um daraus ein Baugebiet zu machen, sagt er. Da seien aber viele Widersprüche gekommen, die Stadt habe das Interesse verloren und die Verhandlungen für Prunn-West II aufgenommen.

Gerade mit Blick auf das einstige Kaufinteresse seitens der Stadt führt Lehner die vermeintliche Felssturzgefahr ins Feld: Die Stadt selbst habe durch ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten vom 6. Juli 2017 nachgewiesen, dass für den beantragten Bereich keine Felssturzgefahr besteht. Zu seinem Antrag auf Ortsabrundung habe die Stadt ein weiteres Gutachten gefordert. Dabei gelte das von der Stadt beauftragte Gutachten für die gesamte Fläche, seines "nur" für die 2000 Quadratmeter. "Und die liegen nicht einmal in Fallrichtung der Felsen und dazu noch 150 Meter davon entfernt", ereifert sich Lehner. Er sieht hier seitens der Verwaltung eine Gefahr heraufbeschworen, wo keine ist, was das erste Gutachten ja schon gezeigt habe.

Auch zum Thema Außenbereich hat Lehner eine eindeutige Meinung: "Nach einem Verwaltungsgerichtsurteil stellt gerade eine Sportanlage wie ein Freibad einen Bauzusammenhang her. Aufgrund des genehmigten Freibads inklusive Parkflächen und Zufahrt ist die beantragte Fläche dem Innenbereich zuzuordnen." Der zuständige Mitarbeiter des Landrats- amtes habe in seiner Stellungnahme sogar bestätigt, dass ein Rückbau der baulichen Anlagen nicht mit einem Wegfall des Baurechts einhergehe. Auch hier zeigen laut Lehner Urteile, dass Baurecht noch Jahre nach dem Rückbau Bestand hat und somit die Zuordnung zum Innenbereich erhalten bleibt.

Fakt sei, dass die Kommune Planungshoheit in ureigenster Kompetenz hätte und mit einer Ortsabrundungssatzung zwei Bauplätze generieren und gleichzeitig die Schaffung von acht Wohnungen beziehungsweise die Beseitigung eines Leerstands unterstützen könnte, so Lehner. "Anscheinend sind diese Argumente und die Erhaltung eines der ältesten Gebäude Prunns unseren gewählten Bürgervertretern nicht wichtig genug. Zukunftsorientiertes und bürgernahes Handeln sieht anders aus."

 

Lösch: Suche nach einem Kompromiss läuft

Die Stadt Riedenburg und das Landratsamt in Kelheim haben  sich mit Josef Lehner bereits getroffen, um einen Kompromiss zu finden. Das teilte Bürgermeister Siegfried Lösch (CSU) auf Anfrage mit. An einem Gespräch habe sogar Landrat Martin Neumeyer (CSU) teilgenommen.  Auch der Riedenburger Stadtrat habe sich, teils  in nicht-öffentlichen Sitzungen, bereits viele Stunden mit der Problematik beschäftigt.  Einzelheiten wollte Lösch nicht nennen,   beide Genehmigungsbehörden  würden aber „die Hand ausstrecken“, um eine Lösung zu finden. 


Da es sich bei dem geplanten Bauvorhaben in Prunn  um ein  laufendes Verfahren handelt, wollte sich  auch das Landratsamt Kelheim  auf Anfrage des DONAUKURIER    nur allgemein äußern.
 Bei  Ortsrandlagen wie in Prunn  kommt es  laut der Kreisbehörde  bei der Bebaubarkeit einer Fläche maßgeblich darauf an, ob diese bauplanungsrechtlich noch dem sogenannten Innenbereich zuzuordnen ist. Dann wäre sie  grundsätzlich bebaubar.  Wenn ein Areal dem sogenannten Außenbereich  zugerechnet werden muss, ist es   grundsätzlich nicht bebaubar.  Die Grenzziehung zwischen  Innen- und Außenbereich  richtet sich danach, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung den Eindruck der Geschlossenheit  beziehungsweise Zusammengehörigkeit vermittelt. Dabei darf die Grenzziehung laut Landratsamt „nicht nach geographisch-mathematischen Merkmalen, sondern nur aufgrund einer umfassenden Wertung und Bewertung der im Einzelfall gegebenen konkreten Sachverhalte entschieden werden“. Das heißt, dass jeder   Einzelfall gesondert beurteilt werden muss.  Grundsätzlich endet der im Zusammenhang bebaute Ortsteil jedoch mit der letzten Bebauung.


„Sollte  Josef Lehner auf dieser Grundlage einen ablehnenden Bescheid erhalten, steht es ihm frei, diese Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Regensburg überprüfen zu lassen“, teilte das Landratsamt weiter mit.  Die baurechtliche Situation sei Lehner jedoch aus mehrfachen Gesprächen und Schreiben bekannt. Die Entscheidung über einen Bauantrag stelle grundsätzlich keine Ermessensentscheidung der Behörde  dar. Sofern keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, sei diese zu erteilen.
Bezüglich der Fragestellungen um das Risiko eines Felssturzes verweist das Landratsamt an die Stadt Riedenburg. Eine potenzielle Gefahr für Leib und Leben werde allgemein im Rahmen eines Bauantrages berücksichtigt und  gegebenenfalls  näher untersucht. „Die Schaffung von Baurecht im baurechtlichen Außenbereich obliegt als Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltung ebenso der Stadt Riedenburg, diesbezüglich ist diese jedoch über die Vorgaben des Baugesetzbuches gebunden“, schreibt das Landratsamt am Ende seiner Ausführungen.