Ingolstadt
Totholz ist Leben

Abgestorbene Bäume sind die Grundlage vieler Tiere, Pflanzen und Pilze - Auch im eigenen Garten möglich

25.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:54 Uhr
Der Hirschhornkäfer benötigt Totholz, worin sich seine Larven in einem jahrelangen Prozess entwickeln. Die markante hohle Ulme steht am Beginn des Gerolfinger Eichenwalds. −Foto: Stadt Ingolstadt/Thomas Schneider

Ingolstadt - Bis zum Beginn der Vogelbrutzeit am 1. März dürfen in Gärten und Grünanlagen noch Schnittmaßnahmen an Hecken und Bäumen durchgeführt werden.

Dabei wird vor allem das Totholz aus Gehölzen entfernt, was aus Gründen der Verkehrssicherung meist sinnvoll und notwendig ist. "Der Begriff Totholz lässt jedoch einen Trugschluss auf dessen Bedeutung zu", erklärte gestern Umweltreferent Rupert Ebner vor der Presse. Im Sinne des Artenschutzes könne nicht oft genug erwähnt werden, wie wichtig Totholz für die Natur tatsächlich ist. "Mehr als die Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Käfer sind auf Totholz angewiesen", so Ebner: "Kein Wunder also, dass 60 Prozent aller holzbewohnenden Käfer auf der Roten Liste stehen.

Generell würden europäische Listen bedrohter Tierarten von totholzabhängigen Arten dominiert. Neben Insekten, Pilzen und Flechten seien auch viele andere Lebewesen wie beispielsweise Spechte, Eulen, Rotkehlchen, Fledermäuse, Eichhörnchen und Siebenschläfer von Totholz abhängig. Je nach Art kann es laut Ebner zehn bis 80 Jahre dauern, bis ein Baum vollständig zerfallen ist. Je langsamer das Holz auf natürliche Art zerfällt, desto höher ist die Zahl der Organismen darin. Während Naturwälder 40 Prozent Totholz aufweisen, sind in durchschnittlichen Wirtschaftswäldern nur noch weniger als fünf Prozent auffindbar. Mittlerweile sei Totholz weltweit als Schlüsselelement und Indikator von ökologisch nachhaltiger Forstwirtschaft anerkannt.

In der Arbeit der für die städtischen Gehölzflächen verantwortlichen Ämter wird dieser Tatsache laut Ebner Rechnung getragen. So wurden nach seinen Angaben über das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm Wald seit 2015 vom städtischen Forstamt in Zusammenarbeit mit dem Umweltamt in Waldflächen der Stadt und der Kommunalbetriebe insgesamt 1235 Biotopbäume, darunter 514 Höhlenbäume und 482 Totholzbäume, langfristig gesichert.

Auch in den Parkanlagen werde auf das Bewahren von Totholz geachtet. Bäume auf städtischen Grünflächen, wie im Luitpoldpark und im Glacis, würden vom Gartenamt so gepflegt, dass Höhlungen und Totholzquartiere bestehen bleiben, sofern es aus Verkehrssicherungsgründen möglich ist. "Können besondere Höhlenbäume nicht erhalten werden, so wird an mancher Stelle die Höhle vorsichtig aus dem Stamm geschnitten und an anderen, vitalen Bäumen fixiert. Somit bleibt zumindest ein Teil der Lebensräume erhalten", betonte Ebner.

Wer als privater Gartenbesitzer etwas zum Lebensraum Totholz beitragen möchte, könne auch in Form von liegendem Totholz, Ästen oder Wurzelteilen ein kleines Biotop im eigenen Garten schaffen. Bei alten Obstbäumen mit Stammhöhlen bestehe oft die Möglichkeit, den Baum so zu schneiden, dass der Stamm mit der Höhle erhalten bleibt. Damit könnte der Lebensraum für seltene Arten, die auf diese Strukturen angewiesen sind, erhalten werden. Für den Gartenbesitzer biete sich damit die Chance, aktiv etwas zum Artenschutz beizutragen und Eichhörnchen, Fledermäuse und Co. bei sich willkommen zu heißen.

DK

Bernhard Pehl