Berlin
Tödliche Dieselabgase?

Studie belegt Gesundheitsgefährdung Doch es gibt Zweifel an den Ergebnissen

08.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:43 Uhr

Berlin (DK) Diabetes, Asthma und Herzkrankheiten - wie stark greifen giftige Dieselabgase die Gesundheit wirklich an? Einer neuen Studie des Umweltbundesamtes zufolge sterben tausende Menschen jedes Jahr durch Stickstoffdioxid einen vorzeitigen Tod. Hunderttausende Krankheitsfälle ließen sich demnach auf die Reizstoffe zurückführen.

Alarmismus oder seriöse Fakten? Hintergründe zur Debatte um die Luftqualität in deutschen Städten und mögliche Diesel-Fahrverbote:

Sterben Menschen

an Dieselabgasen?

Die Stickoxid-Belastung in Deutschland verursacht der gestern vorgestellten Untersuchung des Umweltbundesamts zufolge bei Hunderttausenden Menschen schwere Krankheiten. 2014 starben demnach 6000 Menschen an Herz-Kreislauf-Krankheiten, die auf eine Langzeitbelastung mit Stickstoffdioxid zurückzuführen sein soll. Die Studie zeigt außerdem einen Zusammenhang zwischen der Belastung mit Stickstoffdioxid und Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck, Schlaganfällen und Atemwegserkrankungen wie Asthma. Insgesamt sind den Forschern zufolge rund eine Million Krankheitsfälle in Deutschland auf Stickoxid in der Luft zurückführen. Und 60 Prozent der Stickoxid-Belastung werden auf Diesel-Autos zurückgeführt.

Wie seriös sind die

Ergebnisse?

Die Wissenschaftler überprüften die Häufung bestimmter Krankheiten in Gebieten mit erhöhter Stickoxid-Belastung. Eine direkte Verbindung zwischen den Reizstoff-Werten und vorzeitigen Todesfällen zu ziehen, sei "unwissenschaftlich", sagt Umweltmediziner Hans Drexler von der Universität Erlangen. Auch von der FDP kommt Kritik an den Methoden. "Andere Einflussfaktoren wie Gesundheitszustand, Alter oder Lebensweise werden ignoriert", erklärte Judith Skudelny, umweltpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. "Studien wie diese sind lediglich Munition für Lobbyverbände wie die Deutsche Umwelthilfe und werden regelmäßig zur Panikmache gegen den Dieselmotor genutzt." Die Folge derartiger Studien sei eine von Hysterie getriebene Politik mit aktionistischen Maßnahmen.

Wer ruft nach

Konsequenzen?

Die Reaktionen auf die Ergebnisse fallen größtenteils erschrocken aus. "Die Studie muss aufrütteln. Denn Stickoxide sind hochgefährlich und sogar tödlich für die Menschen", sagt Anton Hofreiter, Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Bundesregierung müsse "endlich aus ihrem Tiefschlaf aufwachen" und sich um die Gesundheit der Bürger kümmern. "Wir brauchen dringend die technische Nachrüstung dreckiger Diesel auf Kosten der Autoindustrie", fordert der Grünen-Politiker. Auch Ingrid Remmers, verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion sagt: "Es ist höchste Zeit, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen, statt die Profite der Autoindustrie." Die Studie zeige ein erschreckendes Ausmaß an gesundheitlicher Belastung für die Bevölkerung.

Gibt es auch

andere Stimmen?

Nicht nur die Autoindustrie hält am Diesel fest. Auch Gesundheitsexperten warnen vor einem vorschnellen Aus. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagt, ein moderner und sauberer Dieselmotor sei aus gesundheitlicher Perspektive deutlich besser als sein Ruf und häufig auch besser als ein Benziner. So zeigten neue Studien, dass hoch verdichtende Benziner besonders viel aggressiven Feinstaub ausstießen. Diese seien bis zu fünf Mal gefährlicher als Stickoxid.