Ingolstadt
Tinte statt Öl

Die Stadt, Audi und Bayernoil unterzeichnen den Sanierungsvertrag für das frühere Raffinerie-Gelände

13.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:49 Uhr

Foto: DK

Ingolstadt (DK) Gleich doppelten Grund zur Freude hatten die Stadtspitze und ihre Gäste im Alten Rathaus: Nachdem der Antrag für das Digitale Gründerzentrum am Freitag fristgerecht in München abgegeben wurde, unterschrieben die Verantwortlichen auch den Sanierungsvertrag für die Bayernoil-Brache.

Hubert Waltl gefällt es inzwischen im Historischen Sitzungssaal sehr gut. Schon das zweite Mal in dieser Woche schaute der Produktionsvorstand von Audi dort vorbei, um eine nicht ganz unwichtige Unterschrift unter ein Dokument zu setzen. Zunächst war es das Unterstützerschreiben für das digitale Gründerzentrum im Kavalier Dallwigk, auf dessen Zuschlag nun gespannt gewartet wird. Am Freitag stand nun der IN-Campus im Mittelpunkt, den Audi auf den verá †bleibenden 75 Hektar des Raffinerie-Geländes im Ingolstädter Südosten errichten will. "Ein ganz großer Meilenstein", würdigte Waltl. "Es wird auch für unsere Kinder eine Zukunftsperspektive sein."

Mehr als 200 Millionen Euro wird die von Audi und der Stadt (fünf Prozent Anteile) gemeinsam gegründete IN-Campus GmbH verbuddeln. Einen größeren Teil davon sicherlich für die Sanierung des Areals. Und Audi übernimmt dabei die vollen Kosten, wie OB Christian Lösel betonte. "Das größte Wirtschaftsförderungsprojekt nach dem GVZ", schwärmte der Rathauschef. "Damit ist mir um den Standort Ingolstadt nicht bange."

Besonderes Lob gab es für die Männer und Frauen, die den Sanierungsdeal in monatelanger Arbeit zur Unterschriftsreife gebracht haben. Ab Herbst soll das Gelände Schritt für Schritt gereinigt werden. Dazu verpflichte sich Audi. "Qualität geht dabei vor Geschwindigkeit", so Lösel. Ab 2017 soll dann für das geplante Hochtechnologiezentrum gebaut werden, eine erste Nutzung beziehungsweise erste Arbeiter auf dem Campus werden für 2019 erwartet.

Einen Euro gibt die IN-Campus GmbH an Vorbesitzer Bayernoil. Im November gab es die Unterschrift beim Notar für den Grundstücksverkauf. Am Freitag setzten die Bayernoil-Geschäftsführer Michael Raue und Karl Strummer auch ihre Unterschrift unter den Sanierungskontrakt. Das Raffinerieunternehmen ist damit raus aus der Verantwortung. "Alle sind glücklich", stimmten auch Raue und Strummer in die gute Stimmung ein.

Nun könnte man denken, dass Bayernoil die Brache natürlich selbst hätte vermarkten können. "Es ist noch nie ein Raffineriegelände mit Gewinn verkauft worden", weiß Strummer zu berichten. Der Kaufpreis würde nicht die Sanierungskosten decken. Bayernoil kommt mit beinahe einer roten Null aus dem Geschäft heraus. Aber auch das sei nur glücklichen Umständen zu verdanken, wie die beiden Manager erklären. Lange war ein Verkauf der Produktionsanlagen nach Indien geplant. Für die Vorverträge war auch schon Geld geflossen. Dass die Inder in der Folge aber gleich zweimal pleitegingen, verhinderte zwar die vollständige Transaktion. Allerdings blieb die "Anzahlung" bei Bayernoil.

Ebenso lief der Rückbau des Geländes beinahe optimal. Für die Platten aus den riesigen Öltanks ließ sich dank eines damals sehr hohen Stahlpreises einiges erzielen. "Heute wäre das so nicht mehr möglich", weiß Strummer. Den Teil, auf dem heute das Stadion des FC Ingolstadt samt Trainingsgelände steht, hatte Bayernoil damals noch selbst saniert und verkauft. Ebenso bei dem Gewerbegebiet am Sportpark, das sich links vom Ringschluss der Eriagstraße befindet und längst komplett veräußert ist. Die letzten Lücken werden zugebaut.

Doch beim mit 75 Hektar weitaus größten Stück hätte es noch viele Jahre gebraucht, um einhergehend mit einer möglichen Entwicklung des Geländes durch Audi die Sanierung durch Bayernoil voranzutreiben. Also erschien der komplette Verkauf für einen Euro inklusive Abgabe der Verantwortung auch den Managern als beste Option. "Die Idee war gut", sagte Raue, "und auch gut umsetzbar in unseren Aufsichtsgremien." Deshalb gab es die Unterschriften (des internationalen Konsortiums) problemlos. Viel schwerer, und da schwelgen die Männer noch einmal in Erinnerungen, sei es damals gefallen, das Werk zu schließen. 2008 wurde im Sommer Hahn für Hahn zugedreht und Leitung für Leitung geleert. "Time to Say Goodbye" tönte dazu aus den Lautsprechern. Der Soundtrack für den freudigen Freitag darf aber natürlich ganz anders klingen.