Ingolstadt
Tiefe Gräben in Haunwöhr

Andere Baugebiete gehen reibungslos durch über den Südwesten wird gestritten

02.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:15 Uhr

Ingolstadt (DK) Neuen Wohnraum für 880 bis 1075 Bürger habe der Stadtentwicklungsausschuss "auf die Reise geschickt", bilanzierte OB Christian Lösel gestern stolz das Beratungsergebnis. Für den Bebauungsplan südlich von Haunwöhr fiel die erste Etappe dieser Reise recht holprig aus.

In den vier Baugebieten, die das Stadtratsgremium behandelte, würden rund 290 Geschosswohnungen und 100 Einfamilien- oder Doppel- und Reihenhäuser entstehen, bemerkte der Oberbürgermeister. Zusammengenommen seien das 6,7 Hektar Nettobauland.

Dass gerade im Südwesten noch reichlich Zündstoff vorhanden ist, war nach der Vorgeschichte nicht überraschend. Wie mehrfach berichtet, hatte eine Bürgerinitiative gegen die Absicht der Stadtratsmehrheit, weitere Flächen im zweiten Grünring für die Bebauung freizugeben, mit einer Unterschriftenaktion protestiert. Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle war denn auch gestern erkennbar gründlich vorbereitet und mit Argumenten gewappnet.

Der viel beschworene zweite Grünring sei "eine Abstraktion", sagte die Referentin, "nur eine Schraffur im Flächennutzungsplan", gleichwohl eine "wunderbare Idee". Durch die jetzt vorgesehene Bebauung mit drei Hektar Fläche werde diese Idee "sicher nicht außer Kraft gesetzt". Die bereits im Konzept des Landschaftsarchitekten Wolfgang Weinzierl von 2012 vorgeschlagene Ausweisung ist für Preßlein-Lehle eine "vertretbare Entwicklung".

CSU-Sprecher Hans Achhammer fand dafür eine andere Formulierung. Er sprach von einer "gelungenen Abrundung" im Südwesten. "Wir sagen nicht nur A, sondern auch B. Wir haben einen enormen Siedlungsdruck." Der Stadtrat machte darauf aufmerksam, dass die Bürgerbeteiligung bei diesem Bebauungsplan "jetzt erst beginnt". Johann Stachel (Freie Wähler) berichtete aus seiner langen Erfahrung: "Der Ortsrand ist immer ein Thema, solange ich im Stadtrat bin. Ich erinnere mich an die Nestroystraße in Gerolfing."

Die Sprecher von SPD, Grünen, BGI und ÖDP blieben bei ihrem Nein. Die Grünen, erklärte Christoph Lauer, seien zwar "nicht pauschal gegen Bebauung im zweiten Grünring", aber gegen eine "gewisse Salamitaktik", die sich hier zeige.

Manfred Schuhmann (SPD) nannte den Begriff Abrundung im Fall Haunwöhr geradezu "abartig". Seit Jahren seien Verwaltung und Stadträte von den dortigen Grundstückseigentümern "bestürmt" worden, endlich Bauland auszuweisen. "Wir haben immer standhaft dagegengehalten." Auch für die SPD ist der Verdacht einer Salamitaktik "nicht von der Hand zu weisen", sagte Schuhmann. "Wir werden", ergänzte Franz Hofmaier (ÖDP), "wahrscheinlich noch viel mehr Druck auf die Grundstücke bekommen."

Die schärfste Kritik an den Plänen der Stadtratsmehrheit südlich von Haunwöhr kam von Christian Lange (BGI). Der beschuldigte die Stadtbaurätin, bereits am 8. Dezember die Pläne in der Schublade gehabt zu haben, während wenige Tage zuvor der Stadtrat noch diskutiert habe, ohne davon zu wissen. "Den Flächennutzungsplan", erwiderte Preßlein-Lehle, "gab es seit 1996." Darauf Lange: "Frau Preßlein-Lehle, für wie blöd halten Sie mich" Die Stadträte würden, lautete sein Verdacht, "so lange blind gehalten wie möglich". Von der Verwaltung werde hier "mit heißer Nadel gestrickt". Ausnahmsweise gab die Referentin Lange recht: "Ja, die Verwaltung strickt gerade sehr viel mit heißer Nadel" - eben weil der Siedlungsdruck sehr groß sei.

Den Vorwurf der Salamitaktik aus der Opposition wusste Hans Achhammer mit seinem Insiderwissen zu kontern: Auch die Kollegen Robert Bechstädt (SPD), Jürgen Siebicke (BGI) und Lange wohnten in "kleinen Salamitaktik-Baugebieten".