Eichstätt
Theaterstück "Trau Dich!": Kinder dürfen Nein sagen

Kompanie Kopfstand will Kinder ermutigen, sich gegen sexuelle Gewalt zu wehren

12.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:38 Uhr
Theater für Kinderrechte: Die Kompanie Kopfstand zeigt im Alten Stadttheater, wie sich ein Kind gegen eine aufdringliche Großmutter wehren kann. −Foto: Hecker

Eichstätt (EK) Ein schwieriges Thema: Sexueller Missbrauch soll Kindern erklärt werden. Die Initiative "Trau Dich!" will die Kinder nicht nur über das Thema aufklären, sondern ihnen auch bei Lösungsstrategien helfen. Zu diesem Zweck gibt es ein Theaterstück, das kindgerecht verschiedene Aspekte des sexuellen Missbrauchs aufarbeitet. Am Donnerstag fand eine Aufführung in Eichstätt statt.

Die Kinder lachen nervös. Auf der Bühne spielt sich eine peinliche Szene ab: Die zwölfjährige Paula hat noch nie einen Jungen geküsst, ihre beste Freundin Linda will sie dazu überreden. Erst durch einen Traum findet Paula den Mut, Linda zu sagen, dass sie fürs Küssen noch nicht bereit ist. Was die Kompanie Kopfstand am Donnerstag im Alten Stadttheater Eichstätt auf die Bühne brachte, war kein unbeschwertes Jugendstück, sondern ein ernstes Thema. Zum zweiten Mal machte "Trau Dich!" in Eichstätt Halt, eine Inszenierung, die im Rahmen der gleichnamigen Initiative sexuellem Kindesmissbrauch vorbeugen soll.

Vor fünf Jahren fiel der Startschuss für "Trau Dich!", das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) haben das Projekt ins Leben gerufen. Seitdem hat man im Rahmen der Initiative bundesweit über 50000 Schüler erreicht. Jedes dieser Kinder weiß nun mehr über das Thema "sexueller Missbrauch" und das ist auch gut so. "Wir wollen eine Kultur des Hinschauens fördern. Das Thema muss enttabuisiert werden", sagt Christine Brandt von der WEIche-Fachstelle gegen sexuelle Gewalt. Um die Schamgrenze, mit der Vorfälle dieser Art von Gewalt oft verbunden sind, zu überwinden, veranstaltet "Trau Dich!" nicht nur das Kindertheater, sondern auch vor- und nachbereitende Aktionen. Gerade um die Eltern zu sensibilisieren, gibt es Informationsveranstaltungen und Ratgeber, Lehrer können an Fortbildungen teilnehmen. Neben den Seminaren liegt ein umfangreiches Infomaterial bereit. Auch Broschüren in kindgerechter Sprache stehen betroffenen Mädchen und Jungen zur Verfügung. Gerade die kindgerechte Gestaltung sei den Veranstaltern wichtig, wie Anne Schmidt von der BZgA betont. Um den Kindern das schwierige Thema vorsichtig zu erklären, hat man das Theaterstück entwickelt. Bei den Aufführungen konfrontiert das Ensemble die Acht- bis Zwöfjährigen mit verschiedenen Szenen. Einmal ist es die übergriffige Großmutter, die dem Enkel zur Begrüßung ungewollte Küsse aufdrückt, im nächsten Moment versucht die achtjährige Alina ihrer Schwester zu erklären, dass deren Verlobter sie intim angefasst hat.

Am Ende jeder Szene ist die Aussage der kurzen Sequenz ganz klar: Kinder dürfen Nein sagen. Das Stück soll die Schüler der dritten und vierten Jahrgangsstufe auf ihr Recht hinweisen, eigene Grenzen zu definieren, auch gegenüber Familienmitgliedern. In der interaktiven Inszenierung fragen die Schauspieler auch mal bei ihrem jungen Publikum selbst nach, was man denn nun machen kann, um Oma zu verdeutlichen, dass man anders behandelt werden möchte. "Du sollst mich nicht mehr abknutschen, weil ich das doof finde. Aber ich mag dich natürlich trotzdem", diktieren die Kinder dem Schauspielensemble für einen Brief an die aufdringliche Großmutter.

Dass in den vergangenen zwei Jahren allein in Eichstätt mehr als 1000 Kinder "Trau Dich!" gesehen haben, freut auch Siegmund Hammel vom Amt für Familie und Jugend. Für ihn ist klar, dass der Kinderschutz an erster Stelle steht. "Kein Landkreis ist von sexueller Gewalt verschont", sagt auch Christine Brandt und verweist auf statistische Erhebungen, die zeigen, dass Hilferufe betroffener Kinder oft zu spät gehört werden. Durch "Trau Dich!" sollen die Kinder das nötige Selbstbewusstsein für so einen Hilferuf bekommen. Die Vor- und Nachbereitung in den Schulen arbeitet das Thema "sexueller Missbrauch" dann auf . Hier erfahren die Kinder auch, an wen sie sich wenden können, wenn sie im Fall eines Übergriffs Hilfe brauchen.

Anna Hecker