Theaterbesucher wählen ihren Bürgermeister

01.04.2008 | Stand 03.12.2020, 6:01 Uhr

Stimmzettel und Urne: Das Publikum wird beim Lauterbacher Theater zur Wahl gebeten.

Niederlauterbach (WZ) Zum Wahljahr ein originelles Stück hat sich die Laienspielgruppe Niederlauterbach ausgesucht: Mit "D´Wahllumpn" unterhält sie ihr Publikum bestens und das inzwischen im 30. Spieljahr. Zu diesem runden Jubiläum ist der Reich-Saal wieder acht Mal komplett ausverkauft.

Weniger um die Liebe, sondern vielmehr um die Politik dreht es sich heuer auf der Lauterbacher Bühne. Dazu wurde diese in eine wunderbare bayerische Amtsstube verwandelt – eine Herausforderung für Bühnenbau und -gestaltung (Konrad Schretzlmeier, Wolfgang Bauer und Familie Pauly), die hervorragend gemeistert wurde. Der Zuschauer hat nämlich Einblick in gleich drei Räume des Stötthamer Rathauses. In diesen läuft der Verwaltungsapparat mehr als bayerisch-gemächlich: Bürgermeister Franz Irlacher (Konrad Schretzlmeier) zieht ein Weißwurstfrühstück dem Parteiverkehr eindeutig vor und auch der Gemeindebeamte Wimmerl (Helmut Guld) macht lieber Brotzeit als eine Aktennotiz.

Vielleicht wäre auch alles weiter so seinen gewohnten Gang gegangen, wenn nicht der Neubürger Stüder (Axel Meier) Anstoß an den "schleppenden" Amtsgeschäften" genommen und die Gemeinde mal richtig aufgemischt hätte. Er kandidiert kurzerhand als Bürgermeister und zieht mit seinem Charme sogleich die weibliche Bevölkerung auf seine Seite: Die Großbäuerin Maria Villmayer (Agnes Bauer), die Kramerin Apolonia Hanftl (Andrea Rauch) und die Bedienung Rosa Datschl (Anita Pauly) führen den Wahlkampf für den preußischen Neubürger unter dem Motto "Neue Besen kehren gut". Für den Amtsinhaber ziehen – neben dessen treuer Gattin (Brigitte Pauly) – die männlichen Mitbürger ins Feld: Die Bauern Heignmoser (Christian Forsthofer) und Krutznbichler (Andreas Breitner) sowie der Pfannenflicker Henschl (Wolfgang Breitner) geben sich redliche Mühe mit ihren Wahlplakaten und -slogans. Sie wählen "wia oiwei: eam".

Mit Bannern, flammenden Wahlreden und Sprechchören ziehen die Parteien in den Wahlkampf, in den überraschend auch die Zuschauer mit einbezogen werden. Nicht nur, dass sogar in den Toiletten die Wahlplakate hängen, das Publikum darf sogar selbst per Stimmzettel seinen Favoriten wählen. Bis dieser ausgezählt ist, bleibt es aber noch spannend. Denn die Wahlurne, die über Nacht von Metzgermeister und Feuerwehrhauptmann "Fonsilein" Gsodmoar (Andreas Pauly) "bewacht" wird, wird nicht nur einmal von den "Wahllumpn" der beiden Lager ausgetauscht.

Wer letztlich auf dem Bürgermeistersessel sitzt, bleibt eine Überraschung und variiert je nach Wahl der Publikums von Aufführung zu Aufführung.

Durch die Miteinbeziehung der Zuschauer hebt sich die Bayerische Komödie von Peter Landstorfer erfrischend und originell von vielen anderen Dreiaktern ab – ein "würdiges" Stück zum 30. Jubiläum der Niederlauterbacher Laienspieler, zu dem wieder Gertraud Schachtner Regie geführt hat. Sie hat ein erfahrenes Team um sich, das auch hinter der Bühne dafür sorgt, dass alles klappt (Einsager Anton Schreistetter, Maske Martina Pauly und Technik Bernhard Forsthofer).

"Alte Hasen" sind viele der Mitwirkenden inzwischen, teilweise stehen sie schon ganze 30 Jahre auf der Bühne oder arbeiten hinter den Kulissen mit. Schnell ins Herz des Publikums spielte sich außerdem der diesjährige Neuzugang: Axel Meier mit plattdeutschem Akzent war als Preuße einfach überzeugend echt ...