Kaiserslautern
Tanz auf der Rasierklinge

Zerstrittener 1. FC Kaiserslautern liegt in den Händen von Investor Flavio Becca und steht quasi unter Aufstiegszwang

29.07.2019 | Stand 02.12.2020, 13:23 Uhr
Flavio Becca, 1.FC Kaiserslautern vs SpVgg Unterhaching, Fussball, 3. Bundesliga, 20.07.2019 DFB regulations prohibit any use of photographs as image sequences and/or quasi-video. Foto: Eibner −Foto: EIBNER/Alexander Neis (Eibner-Pressefoto)

Kaiserslautern (DK) Viermal wurde der 1. FC Kaiserslautern Deutscher Meister: 1951, 1953, 1991 und 1998, damals sogar als Aufsteiger.

Dazu spielen die „Roten Teufel“ am Betzenberg in einem der traditionsreichsten Stadien Deutschlands, und der Verein brachte  mit Weltmeister und Ehrenspielführer Fritz Walter eine der renommiertesten  Symbolfiguren im deutschen Fußball hervor – der Absturz in die 3. Liga vor einem Jahr war  für den 1. FCK  damit ein tiefer Einschnitt in der Historie. Klar, dass der Niedergang die ganze Pfalz schmerzt und so schnell wie möglich korrigiert werden soll.


Doch genau das ist auch ein Dilemma. Finanziell stand der Verein zu Jahresbeginn vor der Insolvenz, die Lizenz war gefährdet, bis die beiden Geschäftsführer Martin Bader (einst beim 1. FC Nürnberg tätig) und Michael Klatt den luxemburger Immobilienunternehmer Flavio Becca für sich gewinnen konnten. Der 57-Jährige, der sportlich vom ehemaligen Lauterer Torjäger Klaus Toppmöller beraten wird, und bereits in andere Sportklubs investierte, stieg erst im Mai bei den Pfälzern ein.


„Das Saisonziel kann nur der Aufstieg in die 2. Bundesliga sein“, sagte Becca nach der ersten Finanzspritze von rund drei Millionen Euro, mit der er zum einen die Lizenz sicherte (Bürgschaft über 1,5 Millionen), den Spieleretat um 1,1 Millionen auf 5,5 Millionen Euro erhöhte und dazu noch die kolportierte Ablösesumme von  350 000 Euro  für Neuzugang  Janik Bachmann (Würzburger Kickers) übernahm. „Die FCK-Verantwortlichen haben auch dank meiner finanziellen Unterstützung den Kader bekommen, den sie haben wollten. Daran müssen sie sich jetzt messen lassen. Das ist der normale sportliche Druck“, meinte Becca vor dem Rundenbeginn.


Das weitere Szenario hat der in Luxemburg aufgewachsene und wohnhafte Sohn italienischer Einwanderer mit einem Finanzplan aufgezeigt.  Auf bis zu 25 Millionen Euro soll sein Engagement in den kommenden fünf Jahren ansteigen, das erste Eigenkapital noch in diesem Sommer fließen, sobald die Neuberechnung des Vereinswertes (zuletzt 120 Millionen in der 2. Bundesliga) abgeschlossen ist. Dabei lässt sich Becca bezüglich der Art seines Investments aber alle Türen offen. „Ich gebe keinen Blankoscheck. Wenn mein Geld im Spiel ist, dann möchte ich auch gerne wissen, was damit passiert.“


Der Haken an der Sache ist: Beccas Einstieg war und ist im Verein höchst umstritten, führte zu Rücktritten und zum heillosen Streit im Aufsichtsrat, in dem auch  Pfälzer Investoren sitzen. Auch am vergangenen Sonntag bei einem Treffen mit Vereinsmitgliedern traten die Differenzen wieder offen zutage.
Der Erfolg der „Roten Teufel“ hängt also nicht zuletzt an einer positiven sportlichen Entwicklung, die die Wogen wieder glätten könnte. Mit vier Punkten (1:1 gegen Unterhaching, 3:1 in Großaspach) haben Trainer Sascha Hildmann und sein mit fünf externen Zugängen ergänztes Team  den Saisonstart ordentlich hinbekommen. Aber erst das Heimspiel gegen den FC Ingolstadt (heute, 19 Uhr) wird  als wahrer Gradmesser gesehen.  Aus der mit 24 Jahren Durchschnittsalter jungen Mannschaft tat sich in den ersten beiden Spielen Außenstürmer Florian Pick mit drei Treffern hervor. Dazu traf Mittelstürmer Timmy Thiele, der bisher den Vorzug vor dem isländischen Neuzugang Andri Runar Bjarnason bekam. Der  1,93-Meter-Hüne gilt  als Königstransfer des Vorjahresneunten – der 28-Jährige schoss den schwedischen Klub Helsingborg IF 2018 mit 16 Treffern zurück in die Erste Liga und soll nun mit  Lautern erneut den Aufstieg schaffen.


Nicht nur weil Becca das so will – und die wesentlich zurückhaltenderen FCK-Verantwortlichen das natürlich  hoffen –, sondern auch, weil die ruhmreiche Vergangenheit den Verein wieder einmal vor sich hertreibt. 2020  wird der 1. FC Kaiserslautern nämlich 120 Jahre alt und der Betzenberg sowie Fritz Walter feiern 100-jährigen Geburtstag. Für  diese Anlässe wäre eine Rückkehr in die 2. Bundesliga der perfekte Rahmen.