Hilpoltstein
"Tanz auf dem Vulkan"

Hilpoltsteiner Schulen versuchen trotz Corona einigermaßen den Normalbetrieb aufrecht zu erhalten

15.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:48 Uhr
Die Grundschule Hilpoltstein hat die vergangenen Wochen im Corona-Betrieb schadlos überstanden. "Aber wir bewegen uns am Limit", sagt Peter Benz, Leiter der Grundschule. Damit meint er vor allem die Lehrkräfte. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein - Regelunterricht, das war das Ziel der Staatsregierung für dieses Schuljahr.

Wie schnell dieser Anspruch zur Makulatur werden kann, hat Stefan Bindner, Leiter der Hilpoltsteiner Realschule, erfahren müssen. Seit Mittwoch ist eine 10. Klasse nicht mehr in der Schule. Donnerstagmittag um 12 Uhr wurde eine 6. Klasse vorzeitig nach Hause geschickt. Zudem mussten neun Lehrkräfte an beiden Tagen der Schule fernbleiben. "Eine Vorsichtsmaßnahme", sagt Bindner. Ein bestätigter positiver Test liege derzeit nicht vor, so der Schulleiter - Stand Donnerstag, 14.40 Uhr (siehe eigenen Artikel).

"Wir versuchen, das Bestmögliche für unsere Schüler", versichert Bindner. "Vernünftigen Unterricht" nennt er als Ziel. "Dass es kein optimaler Unterricht ist, ist allen bewusst. "

"Wir sind vollzählig am Start. " Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, ist für Anja Hilbert schon eine Erfolgsmeldung. Die Schulleiterin des Hilpoltsteiner Gymnasiums ist froh, dass einen Monat nach den großen Ferien der Betrieb ohne Ausfälle und vor allem ohne Corona-Fälle funktioniert. Von Regelunterricht ist man aber noch ein Stück entfernt.

"Die Schulschließung im Frühjahr ist an uns allen nicht spurlos vorübergegangen", sagt Hilbert. Vor allem bei manchen Schülern sei wegen der langen Pause ein Schlendrian eingekehrt. "Die müssen sich erst wieder an regelmäßiges Arbeiten gewöhnen. " Und oft haben sich in dieser Zeit auch große Wissenslücken aufgetan. Die will das Gymnasium jetzt mit freiwilligen "TÜV-Stunden" schließen. TÜV bedeutet "Treffen, Üben, Verstehen" und klingt wesentlich charmanter als Nachhilfe. "Es wird ganz gut angenommen", berichtet Hilbert.

Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte tragen jetzt keine Masken mehr, sobald sie auf ihrem Platz sind. Nur in den Gängen und auf dem Pausenhof ist die Mund-Nasen-Bedeckung noch Pflicht. "Aber das ist fast schon die neue Normalität", sagt Hilbert. Trotzdem bereitet sich die Schule weisungsgemäß auf einen erneuten Shutdown vor, falls das Covid-Virus sie treffen sollte. Noch vor den Ferien hat das Gymnasium Laptops an alle ausgegeben, die zu Hause nicht die passende digitale Ausstattung haben. Es wurden sichere Kommunikationswege eingerichtet, die auch allen Datenschutzrichtlinien entsprechen. Es gibt ein Infoportal, ein Elternportal und ein Schülerportal, in dem auch wirklich jeder Schüler registriert ist.

Außerdem gibt es noch Mebis. Das Internetportal des bayerischen Kultusministeriums sei zwar noch immer nicht so benutzerfreundlich wie man es sich wünschen würde, aber "die Kapazitäten sind deutlich ausgeweitet worden", sagt Hilbert. Schüler können dort ihre Arbeiten hochladen und bekommen sie korrigiert zurück. Jeder Lehrer hat das mit seiner Klasse schon getestet. Es funktioniert.

"Jetzt hoffen wir, dass wir es nicht brauchen", sagt Anja Hilbert. Jeden Morgen zuckt sie kurz zusammen, wenn das Telefon klingelt. "Hoffentlich kein Corona-Fall", denke sie dann. Dann wäre selbst mit der neuen Realität ganz schnell wieder Schluss. "Es ist ein Tanz auf dem Vulkan. "

"Wir sind bis jetzt komplett schadlos geblieben", sagt Peter Benz, Leiter der Grundschule Hilpoltstein. "Aber der Organisationsaufwand ist gigantisch. Wir bewegen uns am Limit. " Denn anders als am Gymnasium, wo das Fachlehrerprinzip gilt, ist an der Grundschule jede Lehrerin für ihre Klasse zuständig - auch in der Pause. Und die ersten vier Schulwochen nach den Ferien waren die Pausenzeiten und -bereiche streng getrennt. Für viele Lehrerinnen fiel die eigene Pause aber aus. "Die Auflagen ringen uns viel Zeit ab. Wir haben gemerkt, wie es unsere Lehrkräfte an den Rand bringt", sagt Benz.

Inzwischen hat nur noch jede Jahrgangsstufe eine eigene Pausenzeit. Man wolle ja, dass die Kinder wieder in einen Rhythmus kommen, sagt Benz. "Wir sollen ja zurück zur Regelschule. " Das kann natürlich nicht ganz funktionieren, wenn die ganze Klasse jeden Morgen und nach jeder Pause Händewaschen muss. Eine Prozedur, die bei 25 Kindern, einem Waschbecken und 30 Sekunden Waschzeit jedes Mal rund 15 Minuten dauert. Deshalb müsste man derzeit auf Teile des Stoffs verzichten, sagt Benz: "Lieber behandelt man ein paar Themen tiefer. " Vorbildlich in jeder Hinsicht sei das Verhalten und der Einsatz von Kindern, Eltern und Lehrern, lobt Benz die Schulfamilie. Besonders die Kinder wären trotz aller Beschränkungen "positiv gestimmt".

Willibald Schaffer, Rektor der Hilpoltsteiner Mittelschule, hat "eine gewisse Normalität, auch für Schüler" ausgemacht. Man könne fast von Regelschule sprechen. Fast. Denn der Lockdown im Frühjahr hat bei einigen Schülerinnen und Schülern natürlich Lücken hinterlassen. Die sollen nun auf Anweisung des Kultusministeriums durch sogenannte Brückenangebote geschlossen werden. "Eine Art Förderung", sagt Schaffer, aber "kein kostenloser Nachhilfeunterricht. "

Vier Stunden pro Woche stehen je vier Lehrkräfte zur Verfügung. Gedeckt wird der Aufwand durch das übliche Kontingent an Zusatzstunden. Man habe zwar nicht viele Zusatzstunden zugewiesen bekommen, sagt Schaffer, aber es reiche gerade aus. "Wir konzentrieren uns auf die Kernfächer Deutsch, Mathematik und Englisch", sagt Schaffer. "Wir haben das ganz gut organisieren können. " So gebe es eine Gruppe mit Neuntklässlern und eine Gruppe mit jüngeren Schülern.

Geplant ist das Brückenangebot zunächst bis zu den Weihnachtsferien, Schaffer will es aber auf alle Fälle bis zum Zwischenzeugnis im Februar sicherstellen. Das Wichtigste für Schaffer ist aber, "dass wir alle Schüler dahaben". Trotz aller digitalen Hilfsmittel, sei normaler Unterricht immer noch das Beste. "Der persönliche Kontakt ist durch nichts zu ersetzen. "

Informationen, wie es an den anderen Schulen im Mittelschulverbund Hilpoltstein, Heideck, Thalmässing und Allersberg aussieht, kann Schaffer nicht sagen. Noch nicht. Er ist zwar neuer Leiter des Verbunds, hat seine Kollegen aber in diesem Schuljahr noch nicht getroffen. Jeder sei mit sich und seiner Schule beschäftigt, ein erstes Treffen ist geplant. Als Schaffer davon erzählt, fällt ihm dann allerdings auf, dass doch noch längst nicht alles normal ist. "Mir kommt das Schuljahr schon so ewig lange vor, dabei ist erst Oktober. "

HK

Robert Kofer