Triesdorf
Tag der ersten Entscheidung rückt näher

Vor dem Referendum über Center Parcs in Pfofeld lässt sich der Bezirkstag über verschiedene Sichtweisen informieren

14.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:37 Uhr
Jeder kämpft für seine Ansicht: Die Bezirksräte werden von Befürworter und Gegnern des Center Parcs samt ihren Bannern empfangen. Annähernd 100 Leute haben sich mitten in der Woche am frühen Nachmittag Zeit genommen, um ihre Haltung zu demonstrieren - wobei die Gegner des Projekts die Mehrheit am Straßenrand stellen. −Foto: Luff

Triesdorf/Pfofeld - Wie heiß diskutiert das 350-Millionen-Euro-Projekt des Unternehmens Center Parcs am Brombachsee ist, hat die gemeinsame Sitzung des Bezirksausschusses sowie des Wirtschafts- und Umweltausschusses des mittelfränkischen Bezirkstags am Mittwoch gezeigt: Aus Platzgründen waren im Inneren des Alten Reithauses lediglich 30 Zuschauer erlaubt.

 

Doch wohl die dreifache Anzahl von Bürgern war gekommen, um draußen mit Plakaten pro oder kontra Center Parcs zu demonstrieren. Dabei ist der Bezirk im Planungsverfahren noch lange nicht an der Reihe.

Genau deshalb war es im Ausschuss nicht unumstritten, ob der Bezirk sich überhaupt schon mit dem Thema befassen sollte - Befürworter und Gegner waren eingeladen, ihre Sicht der Dinge darzustellen. "Respekt vor der Entscheidung in Pfofeld", forderte beispielsweise Walter Schnell (FW). Denn immerhin ist der Bürgerentscheid dort die große Hürde, die der Ferienpark am Brombachsee erst einmal überspringen muss. Am 30. Mai wird das Ergebnis der Abstimmung bekanntgegeben.

 

Lehnen die Bürger es ab, dass die Gemeinde überhaupt einen Bebauungsplan aufstellt, ist das Großprojekt gestorben. Befürworten sie es mehrheitlich, ist noch lange nicht sicher, dass der Park kommt, denn dann erst startet das eigentliche Prozedere: Zunächst führt die Regierung von Mittelfranken ein Raumordnungsverfahren (ROV) durch, danach müsste - ein positives Ergebnis im ROV vorausgesetzt - der Flächennutzungsplan geändert werden. Erst da wäre dann unter anderen auch der Bezirkstag gefordert: Denn der Bezirk Mittelfranken hat allein 49 von 164 Stimmen im Zweckverband Brombachsee, der diese Änderung initiieren müsste.

Genau das war der Grund, warum man sich schon jetzt mit dem Thema so ausführlich befasste. Nächste Woche am Donnerstag wird der Bezirkstag über einen Antrag der CSU abstimmen: Demzufolge soll Christa Naaß (SPD) mit einem imperativen Mandat ausgestattet werden. Sie ist die alleinige Vertreterin des Bezirks im Zweckverband, vertritt im Gremium also 49 Stimmen auf einmal. Sämtliche Beschlüsse, welche in Verbindung mit der Ansiedlung von Center Parcs am Brombachsee stehen, sollen laut CSU zur Abstimmung in den Bezirkstag kommen - und Naaß müsste dann immer diese Beschlüsse vertreten. Sie und die SPD hätten ohnehin längst ein Meinungsbild des Bezirkstags gefordert, sagte Naaß lapidar zum CSU-Antrag.

 

Ein solches imperatives Mandat kommt im Umkreis des Brombachsees gerade in Mode: Im Kreis Weißenburg-Gunzenhausen will die SPD den Landrat Manuel Westphal (CSU) damit ausstatten, verschiedene Initiativen in Gemeinden rund um den See versuchen gerade, ihren Bürgermeistern ein bestimmtes Abstimmungsverhalten im Zweckverband per Bürgerentscheid aufzuzwängen.

Reinhold Huber (Unabhängige Wählergemeinschaft Pfofeld), der Bürgermeister von Pfofeld, und sein Gemeinderat haben das Ratsbegehren Ende Mai auf den Weg gebracht. Er ließ keinen Zweifel daran, welches Abstimmungsergebnis ihm - "und der Mehrheit des Gemeinderats" - mittlerweile am liebsten wäre: Seine Gemeindebürger sollten den Park möglichst noch nicht stoppen. Denn nur im langwierigen Verfahren würden alle Details der Machbarkeit und der Auswirkungen - ob positiv oder negativ - geprüft, sagte er. Im Interesse der nachfolgenden Generationen müsse das Pro und Kontra auf Herz und Nieren untersucht werden, denn die jungen Menschen "sollten die Möglichkeit haben, in der Region zu bleiben". Als Festlegung für den Ferienpark wollte Huber diese Ansicht ausdrücklich nicht verstanden wissen: "Wir haben bis zum Satzungsbeschluss des Bebauungsplans die Möglichkeit, die Sache zu beenden. " Das wäre frühestens in etwa zwei Jahren der Fall.

 

Unabhängig vom Park forderte Huber, dass die Verantwortlichen sich über eine Besucherlenkung Gedanken machen müssten. Denn die Tagestouristen seien schon jetzt, gerade an manchen Wochen- enden im vergangenen - von Corona gezeichneten - Jahr, eine enorme Belastung für die Einheimischen.

Befürworter und Gegner des Projekts durften hernach den Bezirksräten ihre Sicht der Dinge erläutern - wobei diejenigen, die für eine Ansiedlung sind, insgesamt schlüssiger argumentierten. Insbesondere Kilian Welser, Bundestags-Direktkandidat der ÖDP aus Gunzenhausen und Chef der Initiative "Stopp Center Parcs", erwies den Gegnern den einen oder anderen Bärendienst. Er fahre gerne mit seinen Kindern an den Brombachsee, sagte er. Und habe mitunter Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden. Deshalb: "Ich freue mich, wenn da nicht allzu viel los ist. "

 

Mit dem Strom, den Center Parcs benötige, könne man 3000 Haushalte versorgen, sagte Welser. Ein Unding! Ließ dabei aber die Zusage von Center Parcs außer Acht, den Ferienpark CO2-neutral zu betreiben. Zudem plädiert seine Partei beispielsweise Elektroautos im Sinne der Nachhaltigkeit, die Stromerzeugung ist somit ohnehin eine wichtige Zukunftsfrage. Asbest-Belastung durch verwitternde Gebäude auf dem umzäunten Gelände? Experten warnen vor dem Eintrag in den Boden. Aber Welser ist's egal: "Mein Gott - mein Bruder hat auch Asbest auf dem Haus. "

Mit Bildern während der Bauphase anderer Ferienparks des Unternehmens versuchte Welser zu zeigen, welch verheerenden Auswirkungen Center Parcs haben werde. "Bolsonaro in Brasilien macht das Gleiche wie Center Parcs", wetterte Welser. Traf aber auf energischen Widerstand. "Eine schwerwiegende Entgleisung" sei dieser Vergleich, schimpfte Peter Daniel Forster, der Fraktionsvorsitzende der CSU im Bezirkstag. Und das von jemandem, "der sich beschwert, dass er keinen Parkplatz bekommt - da braucht es keine Worte mehr". Im Übrigen biete selbst ein Radweg in der Bauphase kein schönes Bild.

Ein deutlich besseres Bild als der ÖDP-Politiker gab Johannes Riedl ab, Vorsitzender des Vereins "Seenland in Bürgerhand". Er sei "ein waschechtes Kind des Brombachsees", sagte der 32-Jährige aus Pleinfeld. Und als solches sehe er, welche Probleme schon der Tagestourismus mit sich bringe - vor allem Müll und Verkehr. "Der Center-Parcs-Gast ist noch schlimmer als der Tagestourist", behauptete Riedl. Der sich allerdings auch widersprach, als er einerseits von einem "Filetstück in 1a-Lage" sprach, das an Center Parcs "verscherbelt" werde. Andererseits aber "einen der wenigen klimastabilen Wälder, die wir in der Region haben", sogar als "potenzielles Naturschutzgebiet" bewertet werden wollte. Der gesunde Menschenverstand spreche gegen die Schaffung eines Ferienparks, so Riedl: "Nicht wir werden von Center Parcs profitieren, sondern Center Parcs von unserer Region. "

Das sahen Nicole Maaß und Tobias Meier von der Interessengemeinschaft "Bürger pro Center Parcs" ganz anders. Von 550 Arbeitsplätzen sprachen sie, die nicht ins Ausland verlagert werden könnten. Von einem ganzjährigen Absatzmarkt für die Direktvermarkter in der Region. Von barrierefreien Unterkünften, die rund um den Brombachsee Seltenheitswert hätten. Und nicht zuletzt von Außenanlagen auf dem Parkgelände, die Einheimische gratis nutzen könnten. Die Ansiedlung eines Center Parcs verschaffe der Region einen Bekanntheitsgrad, den man mit Werbung alleine nie kreieren könnte. "Andere Regionen schlafen nicht", warnte die Thannhausenerin (Gemeinde Pfofeld) Maaß. Im Vergleich zu vielen Regionen sei das Fränkische Seenland auf dem absteigenden Ast. Nur wenn die Tourismussaison das ganze Jahr andauere, sei ein Beruf in dieser Branche attraktiv für junge Leute.

Erwin Hussendörfer, Professor an der Fakultät Wald und Forstwirtschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und Mitglied im Bund Naturschutz, argumentierte hauptsächlich mit dem Klimawandel. Im Falle eines Ferienparks würde alleine wegen der Bauarbeiten "aus einem ehemaligen CO2-Speicher eine CO2-Quel-le". Der Muna-Wald würde unweigerlich Schaden nehmen, was zu einem Temperaturanstieg im benachbarten Langlau führen würde. Es handle sich um einen strukturreichen Wald. "Der ist unverzichtbar - und zwar jeder Quadratmeter. " Trotz der geschätzt 2000 bis 3000 scharfen Granaten auf dem Gelände, könne der derzeit gesperrte Wald auch ohne Park der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, so Hussendörfer: "Man kann auch Stege bauen. "

Ein solcher Vorschlag löste bei Sven Ehrhardt (SPD) aus Roth allenfalls ungläubiges Kopfschütteln aus. Er sehe durch Center Parcs "eine Chance für unsere Region", sagte er. Die positiven Effekte für die Naherholung überwögen für ihn. Zudem könne der Nachbarlandkreis für die Dekontaminierung des Geländes das Geld auf keinen Fall aufbringen - von einer zweistelligen Millionensumme ist die Rede. Walter Schnell will vor einer endgültigen Bewertung erst einmal den Pfofelder Entscheid abwarten, das gebiete der Respekt vor den direkt Betroffenen. Nur so viel: "Im Landkreis Roth würde ich es nicht befürworten. "

HK

Volker Luff