Altmannstein
Swing und Jazz im Plauderton

Schauspieler, Sänger und Sprecher Stefan Schael zu Gast im Hoferstadel

24.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:44 Uhr

Foto: Lorenz Erl

Altmannstein (DK) Ihre Welt sind sonst die Bücher. Aber zum 40-jährigen Jubiläum der Gemeindebücherei von Altmannstein wollten die Büchereileiterin Martina Schmailzl und ihre Damen sich, den Lesern und allen Literatur- und Musikfreunden einmal etwas Exklusives gönnen. Was lag also näher, als Literatur und Musik zu verbinden? Ihre Wahl fiel auf den Schauspieler, Sänger und Sprecher Stefan Schael und sein Programm "Swinging Lyrics".

Darin greift er die Entwicklung des Swing als Spielart des Jazz in den 1920er- und 1930er-Jahren auf eine spannende Weise auf und offeriert natürlich auch die passenden Songs live dazu. "Wir wollten mal eine Musikrichtung in den Vordergrund stellen, die bei uns sonst nicht so üblich ist", verriet Martina Schmailzl bei ihrer Begrüßung der gut 30 Zuhörer zu diesem besonderen Schmankerl am Samstagabend im Kulturstadel.

Das Holzgebäude gleich neben der Bücherei vermittelt zwar nicht gerade den verruchten Charme der New Yorker Spelunken in den afroamerikanischen Stadtvierteln aus den 1920er-Jahren, aber Schael wusste gut damit umzugehen. "Was heißt das eigentlich - Jazz", fragt er ins Publikum und noch steht er trotz drückender Schwüle in Sakko und Weste samt enger Fliege am Hals auf der Bühne. Seiner Recherche nach sei Jazz ein Slangwort für Sex, so versichert er mit laszivem Blick ins Publikum. "Wer gehen möchte - jetzt ist die letzte Gelegenheit", schmunzelt er und liefert die literarischen Belege dazu.

Der Mann aus dem niederrheinischen Wissel mit Wohnsitz in der thüringischen Rhön hat Bücher mitgebracht, aus denen er vielsagende Passagen über den legendären "Cotton Club" im Stadtviertel Harlem vorliest. Was Swing und Jazz aus musiktechnischer Sicht definiert, vermittelt er beiläufig, ohne dabei den amüsanten Plauderton zu verlassen. Die Seele des Swing aber kann auch er nicht mit Worten definieren, dazu stellt er sich lieber an das nostalgische Mikrofon im Stil der damaligen Zeit. "Allein schon wenn man fragt, was Swing ist, wird man Swing nie verstehen", zitiert er Duke Ellington, aus dessen Feder zahllose Jazz-Standards stammen. Den Beleg für diese These liefert Schael als Sänger mit Hits wie "You ain't get the Swing" und es dauert angesichts der schwülen Abendhitze nicht lange, bis er sich zu den heißen Songs entblättert. Erst fliegt die Jacke ins Publikum, dann werden Weste und Fliege von den begeisterten Damen in den ersten Stuhlreihen eifrig aufgefangen und auch am Hemd nestelt er. Nach den obersten Knöpfen aber ist Schluss und der Entertainer agiert erfrischend hemdsärmelig weiter. Die anfängliche Distanz zum Publikum ist längst geknackt.

Die Zuhörer - unter ihnen auch Bürgermeister Norbert Hummel und mehrere Gemeinderäte - spielen die Entwicklungsjahre des Swing förmlich mit, das Publikum seufzt nach drei gemeinsamen Proben kollektiv ein so prickelndes wie schmelzend reales "Aah" zur Ankündigung des Hits "When i fell in Love" und lässt sich vom Charme des Interpreten einfangen. Immer wieder wechselt Schael zwischen dem Lesepult und dem Sängermikrofon, erzählt Hintergründiges über Swing-Legenden wie Duke Ellington oder Nat "King" Cole. Auch Frank Sinatra gehört in diese Riege, doch Schael nimmt mit literarischen Passagen zu dessen Wesenszügen etwas vom Glanz des großen Entertainers zurück. Der Bühnenakteur im Kulturstadel nutzt sein schauspielerisches Talent, um neben Texten und Liedern mehr über den Star zu verraten, als die Songtexte aus dessen Liedern widerspiegeln.

Schael klammert auch das Verbot von Swing und Jazz im Dritten Reich in Deutschland nicht aus, doch der Siegeszug dieser afro-amerikanischen Musik war nicht aufzuhalten. Den anhaltenden Zauber von Swing belegt er nachhaltig mit seinen Interpretationen von Evergreens wie "Fly me to the Moon", "One for my Baby" und weiteren Songs, zu denen er nach dem üppigen Schlussapplaus noch eine Zugabe nachreichen muss.