Ingolstadt
Suppenschule und Säuglingspflege

Vor 100 Jahren wurde die Bayerische Landfrauenvereinigung gegründet

21.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:21 Uhr

Ingolstadt (DK) Vor 100 Jahren war die Not der Frauen auf dem Land groß: Sie waren bitterarm, hatten kaum schulische Bildung und waren von der harten Arbeit auf dem Hof überlastet. Häufig litten sie unter Krankheiten, ihre Babys starben oft gleich nach der Geburt oder in den ersten Monaten. 1911 taten sich adelige Frauen zusammen, die ihren Geschlechtsgenossinnen auf dem Land helfen wollten. Das war der Ursprung der Bayerischen Landfrauenvereinigung. Morgen feiert sie ihr 100-jähriges Gründungsjubiläum in Kösching (Landkreis Eichstätt).

Die „Landfrauenkommission“, wie diese Untergruppe des Katholischen Frauenbundes 1911 hieß, wurde von Baroninnen und Gräfinnen angeführt – zunächst allerdings nur von ihrem ländlichen Adelssitz aus. Anna Spreti, eine Gräfin aus Vilsheim bei Landshut, war es zu verdanken, dass sich der Frauenbund zwischen 1912 und 1930 rasant ausbreitete. „Der katholische Frauenbund muss aufs Land hinaus und jene Frauen, die inmitten der sozialen Arbeit auf dem Land stehen, wären fast versucht zu sagen: Er gehört besonders aufs Land“, betonte sie im Jahr 1913, und ihren Worten folgten Taten. Außerdem errichtete die Gräfin in ihrem Heimatort eine Krankenstation, in der jede Frau für eine Reichsmark Mitglied werden und sich kostenlos behandeln lassen konnte. Denn Krankenkassen für die Landbevölkerung gab es damals noch nicht. Spreti war es auch, die Hebammen engagierte und Säuglingspflegekurse ins Leben gerufen hat.

Eine weitere Gründungsmutter, Josepha Weiß, richtete ab 1912 Suppenschulen ein, in denen oft an Rachitis erkrankte Schulkinder kostenlos essen konnten. Eine Frau namens Zita Zehner führte ab 1928 hauswirtschaftliche Schulungen durch und unterstützte die Ausbildung der ersten Dorfhelferinnen. Therese Ullrich betreute bis in die 40er Jahre nicht nur die bestehenden ländlichen Zweigvereine, sondern gründete gleich noch 230 neue.

Zu dieser Zeit entstanden auch erste kleine Genossenschaften, in denen die Bäuerinnen Lebensmittel wie Butter und Eier verkaufen und somit eigenes Geld verdienen konnten. Aber auch Erholungstage bot die Vereinigung den ausgezehrten Bäuerinnen an – Therese Ullrich musste allerdings viel Überzeugungsarbeit leisten, um sie dafür überhaupt einmal von der Arbeit loseisen zu können.

Heute kümmert sich die Bayerische Landfrauenvereinigung noch immer um die Frauen auf dem Land, jetzt geschieht dies in erster Linie mit Seminaren und Vorträgen. Im Vordergrund stehe nach wie vor die Hilfe zur Selbsthilfe, wie die erste Vorsitzende Christa Reiterer erklärt. „Wir motivieren die Frauen dazu, sich selbst vor Ort einzubringen.“ Das können zum Beispiel Dorferneuerungsmaßnahmen sein. „Wir ermuntern sie aber auch, sich in Gemeinderäten oder Bürgerinitiativen zu engagieren.“ Das Hintergrundwissen dafür biete ihnen die Vereinigung. Außerdem beschäftigt sie sich mit unterschiedlichen Themen wie Gentechnik, alternativen Energien oder nachhaltiger landwirtschaftlicher Erzeugung.