Ingolstadt
"Südwind"-Festival für Kinder- und Jugendtheater: Eine Geburtstagswoche voller Überraschungen

30.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:20 Uhr
Highlights aus zehn Jahren Junges Theater: Von „Frau Weiß sieht rot“ über „Bär im Boot“, von „An der Arche um Acht“ bis zur „Geschichte vom kleinen Onkel“. Theater zum Staunen, Lachen und Lernen. Stadttheater −Foto: Stadthteater

Das von 3. bis 8. Juli geplante "Südwind"-Festival für Kinder- und Jugendtheater muss coronabedingt um ein Jahr verschoben werden. Stattdessen will das Junge Theater Ingolstadt sein zehnjähriges Bestehen mit einer großen Panther-Party feiern.

Ingolstadt -"Südwind" war als Pilotprojekt geplant. Zum ersten Mal hätte das Kinder- und Jugendtheater in Bayern ein eigenes Festival erhalten, das 2021 erstmals in Ingolstadt und anschließend alle zwei Jahre im Wechsel mit den Bayerischen Theatertagen stattfinden hätte sollen. Seit einem Jahr laufen die Planungen daran bereits, jetzt kam die Absage.

"Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Die Frage war ja auch, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, eine Entscheidung zu fällen", sagt Julia Mayr, Leiterin des Jungen Theaters. "Es gab viele Gespräche mit Intendant Knut Weber und Kulturreferent Gabriel Engert. Es sollte ein Festival mit großer Strahlkraft werden, gerade weil es das erste Festival ist. Es sollte sich in der Stadt ausbreiten dürfen. Aber wir fürchten derzeit, dass die Beschränkungen im Juli zu strikt sind, um richtiges Festivalfeeling aufkommen zu lassen."

Teilhabe war eins der großen Themen des Festivals. Die Organisatorinnen hatten sich ein intensives Mitmach-Programm ausgedacht, das nach den derzeit herrschenden Sicherheitskonzepten nur schwer umsetzbar ist. Denn: Wie groß darf eine Teilnehmergruppe sein? Sind gemischte Gruppen überhaupt möglich?

Dazu kommt, dass die Stücke der eingeladenen Gastspiele zwar unter Corona-Bedingungen kuratiert worden sind, aber alle für den Innenraum gedacht sind. "Keiner hat damit gerechnet hat, dass wir noch mal härtere Einschränkungen haben werden und gar nicht mehr drinnen spielen dürfen", sagt Dramaturgin Teresa Gburek. Man hatte mit reduzierten Zuschauerzahlen geplant und einfach mehr Vorstellungen angesetzt. Jetzt haben die Verschärfungen durch die beschlossene Notbremse des Bundes das Spielen im Theater erst mal unmöglich gemacht. "Nach draußen kann man die Stücke nicht so einfach holen, wenn mit Video gearbeitet wird oder das Licht wichtig ist", fügt Julia Mayr hinzu.

All das hat schließlich dazu geführt, "Südwind" auf 2022 zu verschieben. Dann findet das Festival zwar im selben Jahr statt wie die 38. Bayerischen Theatertage, doch die gehen im Mai über die Bühne, Südwind peilt erneut den Juli an. "Und ich glaube in Bamberg liegt der Fokus nicht so stark auf Kinder- und Jugendtheater", meint Julia Mayr.

"Das Bitterste an der Verschiebung ist die Verantwortung, die wir gegenüber den Kindern und Jugendlichen spüren. Deshalb wollten wir ein Angebot machen, das unter diesen Beschränkungen möglich ist. Schon um zu zeigen: Wir sind da." So hat das Junge Theater das zehnjährige Bestehen der Sparte zum Anlass für eine Feier genommen. Da der Panther einst zum Wappentier ernannt wurde, soll im geplanten Festivalzeitraum nun eine Panther-Party steigen.

Auf der Sommerbühne vor dem "Jedermann" soll es dann eine Woche lang nur Programm für Kinder, Jugendliche und Familien geben. Das Ensemble arbeitet gerade an einer szenischen Umsetzung von Oliver Scherz' Buch "Der kleine Erdvogel". Darin geht es um einen Maulwurf, der sich partout nicht damit abfinden will, dass Maulwürfe nicht fliegen können. Die "Märchenkiste" wird ausgepackt. Es gibt Mitmachlesungen. Und Schauspieler Steven Cloos lässt den Superhelden aus seinem Insta-Account "Superheld liest" in Ingolstadt landen. Aus dem Festivalprogramm gerettet werden soll sowohl der Poetry Slam als auch die Konzerte der Bands Rosvita Radikal und Pauli and the Komets.

Für "Südwind" hatte man bereits verschiedene Panther-Crews rekrutiert, die beim Festival mithelfen sollten. Die werden jetzt in die Geburtstagsfeierlichkeiten eingebunden. "Es gibt beispielsweise die Chaos-Panther, die sich aus Theaterinteressierten zwischen 7 und 18 Jahren zusammensetzen. Die sind maßgeblich beteiligt an dem Imagefilm, der gerade für Festival und Geburtstag gedreht wurde", sagt Bernadette Wildegger, Leiterin der Theatervermittlung. "Sie haben ihr eigenes künstlerisches Konzept erstellt und Szenen entwickelt und auch schon ganz viel gebrainstormt, wie das Festivalzentrum aussehen und welche Aktionen es auf dem Festivalgelände geben soll. Eben von Kindern für Kinder."

Die Panther-Crews werden jetzt in der Geburtstagswoche des Panthers Workshops machen und die Party planen. Denn im Rahmen einer Kooperation zwischen Theater und Kap94 gibt es ein umfangreiches Mitmach-Angebot für Kinder - von Bildender Kunst bis zu Tanzworkshops, von Breakdance bis Zirkus. Am Sonntag, 4. Juli, soll dann auf dem Theatervorplatz ein kleines Happening stattfinden. "Je nachdem, was dann machbar ist", sagt Teresa Gburek.

Außerdem sind zwei weitere Projekte im Stadtraum geplant: "Nass" - ein innovatives Bewegungstheater mit Rasensprengern, der Schauspielerin Paula Gendrisch und dem Musiker Bernhard Hollinger für Publikum ab sechs Jahren. "Wir sind noch auf der Suche nach dem idealen Ort. Wir brauchen eine große grüne Wiese mit passenden Wasseranschlüsse", erklärt Teresa Gburek.

Darüber hinaus plant Leni Brem-Keil eine besondere Stadtführung mit und für Kinder. Bei dieser "Spurensuche" sollen Kinder und Jugendliche ihre besonderen Orte in der Stadt vorstellen: Wo man gern verweilen möchte, aber vielleicht auch, was man gerne umgestalten würde. Julia Mayr: "Wir werden einen Startpunkt in dieser Geburtstagswoche setzen und möchten das Projekt über das ganze nächste Jahr weiterentwickeln."

Gezeigt werden soll auch das hochgelobte digitales Gastspiel "Werther live", das von dem freien Theaterkollektiv um Regisseurin Cosmea Spelleken speziell für die digitale Gegenwart entwickelt wurde. Goethes Klassiker "Die Leiden des Jungen Werther" funktioniert hier wirklich nur im Livestream: Denn die unglückliche Liebesgeschichte von Lotte und Werther spielt sich ausschließlich auf Instagram, WhatsApp und per Videochats ab. Die Inszenierung wurde mit dem "Deutschen Multimediapreis" ausgezeichnet.

Was wünscht sich der Panther eigentlich zum zehnten Geburtstag? Die Theaterfrauen lachen: "Dass wieder Leben in die Bude kommt!"

DK

Anja Witzke