Nürnberg
Süchtig nach Sportwetten

Das Nürnberger Suchthilfezentrum betreut knapp 200 suchtkranke Glücksspieler - Stadtmission beteiligt sich an Aktionstag

21.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:37 Uhr
Der Anteil der süchtigen Sportwetter unter den Klienten des Suchthilfezentrums der Nürnberg Stadtmission ist innerhalb von zwei Jahren von 10 auf 20 Prozent gestiegen. −Foto: Gamberini/dpa

Nürnberg (epd) Knapp 200 suchtkranke Glücksspieler betreut in Nürnberg das Suchthilfezentrum der Stadtmission Nürnberg.

Das Suchthilfezentrum beklagte am Donnerstag die hohe Spielhallen- und Wettbürodichte in Nürnberg. Bayernweit bezifferte es die Zahl der Spieler mit pathologischem Verhalten auf 34000, weitere 33000 hätten ein problematisches Spielverhalten. Der Anteil der süchtigen Sportwetter unter den Klienten des Suchthilfezentrums der Stadtmission sei innerhalb von zwei Jahren von 10 auf 20 Prozent gestiegen.

Sportwetten würden heute in einem juristischen Graubereich angeboten. Nach der gescheiterten Liberalisierung der Sportwetten im Jahr 2012 gebe es heute einen "ungeregelten Markt durch Duldung", kritisierte Sozialpädagoge Thomas Bauer vom Suchthilfezentrum. Anbieter müssten lediglich einen formalen Antrag zur Duldung stellen. Zugleich befinde sich der Markt, der aggressive Werbung betreibt, stark im Wachstum.

Den großen Unterschied von Sportwetten im Vergleich zu anderen Glücksspielsüchten: Sportwetten würden eine bestimmte Zielgruppe ansprechen. Laut Bauer handelt es sich um überwiegend junge Männer mit guter Bildung und in geordneten Verhältnissen, die sportlich selbst aktiv sind. Gerade ihr sportliches Know-how bei Fußball oder anderen Sportarten werde ihnen zum Verhängnis.

"Seit einem Jahr bin ich zockfrei", berichtete Marco Wendler (Name geändert) über seine Karriere als pathologischer Sportwetten-Spieler. Zuvor habe er in Wettbüros oder am heimischen Computer viel Geld verloren, weil er mit seinen Tipps auf Fußballergebnisse rund um die Welt meist daneben lag. Der etwa 40-Jährige hat so in rund drei Jahren einen Schuldenberg von 50000 Euro aufgehäuft.

"Das Spielerproblem wollte ich selbst nicht wahrhaben", sagt er im Rückblick. Selbst heute erhält Wendler noch Bonusangebote von Wettanbietern. Obwohl er der Werbung widersprochen hat, werde er mit "Gratiswetten im Wert von 200 Euro bombardiert". Dank Therapie und regelmäßigen Sitzungen ziehe ihn das aber nicht mehr an, erklärt der zweifache Vater. Mit seiner Geschichte wolle er zur Prävention beitragen und Betroffenen den Weg zur Hilfe ebnen. Wendler warnt besonders vor dem Online-Spiel, weil man hier kein Geld in die Hand nehmen müsse.

Das Suchthilfezentrum der Stadtmission Nürnberg will anlässlich des Aktionstages gegen Glücksspielsucht am Mittwoch, 26. September, mit einer Aktion an die Öffentlichkeit gehen. Am Freitag, 28. September, ab 12 Uhr werde man in der Nürnberger Innenstadt mit Passanten auf der Straße sprechen.