Berlin
Suche nach dem richtigen Rezept

In der Union herrscht angesichts der Euphorie in der SPD Nervosität und es entbrennt ein Richtungsstreit

20.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:27 Uhr

Berlin (DK) Am Tag danach zeigt sich Angela Merkel unbeeindruckt und spult routiniert ihr Programm ab. Beim traditionellen Rundgang über die Technologiemesse Cebit in Hannover setzt die Kanzlerin auf Bilder während ihrer Stippvisite in der digitalen Welt.

Lächeln für die Kameras der internationalen Journalisten. Kein Wort über ihren Herausforderer und SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz, der tags zuvor mit einem Traumergebnis zum neuen Parteichef gewählt worden war und weiter auf einer Welle der Euphorie surft.

Was tun gegen die Schulz-Euphorie und den Aufschwung der Sozialdemokraten in den jüngsten Meinungsumfragen? In den Reihen der Union wachsen Sorge und Nervosität, wird der Ruf nach einem wirksamen Anti-Schulz-Rezept lauter. Worauf setzt die Union im Kampf gegen den SPD-Kanzlerkandidaten? In der Union gibt es unterschiedliche Denkschulen, ringt man um die richtige Strategie für die kommenden Monate bis zur Bundestagswahl am 24. September. Die "asymmetrische Demobilisierung", das Merkel'sche Prinzip, möglichst viele Wählerinnen und Wähler des politischen Gegners durch Verzicht auf inhaltliche Zuspitzung von der Stimmabgabe abzuhalten, Themen der SPD selbst erfolgreich zu besetzen und sie überflüssig zu machen, sei nicht mehr zeitgemäß und wenig Erfolg versprechend, heißt es in Teilen der CDU, vor allem aber in der CSU.

Das Präsidiumsmitglied Jens Spahn (CDU) sieht die gesellschaftliche Mitte inzwischen rechts von der CDU und fordert einen Kurswechsel. Die Wähler wollten mehr denn je Recht und Ordnung, Sicherheit und Verlässlichkeit. Vor allem darauf müsse die Union im Wahlkampf setzen. Die CDU dürfe sich nicht darauf konzentrieren, die SPD "möglichst geräuschlos wegzumoderieren".

Die CDU-Chefin hält dagegen nichts von einem radikalen Kurswechsel und persönlichen Angriffen gegen Schulz. Merkel steht vor ihrem bisher schwierigsten Wahlkampf, nimmt ihren Herausforderer sehr ernst und will vor allem in der Rolle der erfolgreichen und erfahrenen Krisenmanagerin punkten, der "Anführerin der freien westlichen Welt", wie sie die US-Presse jüngst adelte. Schulz' Abkehr von den Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 will die Union eine Agenda 2025 entgegenstellen und ein Reformpaket präsentieren. "Angela Merkel, da wissen die Menschen, wofür sie steht. Sie hält Europa zusammen, sie vertritt die Interessen Deutschlands in der Welt", übt CDU-Generalsekretär Peter Tauber schon mal die Wahlkampfmelodie. Doch an ihm und dem Team in der CDU-Parteizentrale wird Kritik laut. Aus dem Adenauerhaus komme zu wenig, Tauber sei der falsche Mann für den Job des Wahlkampfmanagers.

Wettbewerb belebe das Geschäft, gibt sich Merkel gelassen und freut sich wohl auf das Duell mit Schulz. Angreifen und attackieren oder abwarten und auf Fehler des Kandidaten und seiner Partei hoffen? "Wir können hart in der Sache streiten, aber wir werden Herrn Schulz nicht persönlich angreifen", gibt CDU-General Tauber die Linie wieder. ‹ŒKommentar Seite 2