Eichstätt
Stürmisch bewegte "Pathetique"

Der vielfach ausgezeichnete Pianist Christian Wilm Müller war zu Gast bei Pro Musica

03.02.2015 | Stand 02.12.2020, 21:42 Uhr

Christian Wilm Müller bekam reichlich Beifall für sein Gastspiel im Spiegelsaal. - Foto: bwo

Eichstätt (EK) Wie bei allen Abo-Konzerten der Pro-Musica-Reihe war der Spiegelsaal mit circa 60 Musikliebhabern ordentlich besucht. Und wenn man sich die Konzertbesucher etwas genauer betrachtet, stellt man etwas befremdet fest, dass fast völlig die Jugend fehlt.

Dass man Musik nicht nur im heimischen Kämmerlein („Kammermusik“) ausüben kann, sondern auch zuhörend miterleben kann, dafür fehlt wohl bei vielen jungen Leuten das Verständnis, was allerdings einen nicht wundern muss, denn auch von den vielen Dutzend Musiklehrenden trifft man nur wenige bei Auftritten von Kollegen. Aber ich soll nicht klagen, sondern vom Konzert des Klavierprofessors Christian Wilm Müller berichten.

Der Pianist hat eine Reihe von Preisen und Auszeichnungen erworben und als Solist mit renommierten Orchestern musiziert. An der Musikhochschule in Weimar – wo einst auch Liszt und Richard Strauss tätig waren – hat er eine Professur für Klavier und Klavierkammermusik inne. Als echter Pädagoge konnte er es sich nicht verkneifen, jeweils zu den gespielten Werken knappe Einführungen zu geben. Seine Interpretationen sind frei von jeglicher Eitelkeit, stets werkbezogen und gelegentlich etwas unterkühlt.

Von Beethoven hatte er zwei recht unterschiedliche Klaviersonaten aufs Programm gesetzt, die in c-Moll op. 13 mit dem Untertitel „Pathetique“ und die in e-Moll op. 90. Beide hat Beethoven im Schatten Napoleons geschrieben: die erste 1798/99, als der Korse am Höhepunkt seiner Macht stand, und die letztere 1814, als Napoleon schon auf Elba verbannt war. Das eine Werk kommt in der Interpretation Wilm Müllers wirklich stürmisch bewegt daher, bei der anderen herrschen schon fast „Schubertsche“ Empfindungen vor.

Franz Liszt (1811 – 1886) war der berühmteste Pianist seiner Zeit, und das klingt auch in seinen Kompositionen nach. Das „Petrarca-Sonett 104“ fußt auf einem Sonett des großen italienischen Dichters und steht in der Spannung zwischen Leben und Tod, erregt und fast ständig von auf- und abschwellenden Arpeggien harfemäßig umschwebt. Spannungsreich ist auch die zweite der beiden Franziskus-Legenden, wobei der große Heilige würdevoll über dem tosenden Meer wie im Wunder schreitet. Auch hier stand die virtuose Kunst des Klavierprofessors ganz zurückhaltend im Dienst des Werks.

Die „sieben Fantasien op. 116“ von Johannes Brahms (1833 – 1897) aus dem Jahr 1892 schreiten die ganze Ausdruckswelt des Komponisten aus. Da kommt unter den Händen Wilm Müllers das spielerisch Bewegte bis hin zum emotional Schmerzlichen miniaturartig zum Klingen: energisch, passioniert, graziös, agitato oder sentimento. Der herzliche, reiche Beifall des Publikums wurde mit einer Chopin-Dreingabe belohnt, was den Wunsch aufkeimen ließ, den Pianisten mit einem Chopin-Abend erleben zu dürfen. Hawe