Pfaffenhofen
Stühlerücken in den Biergärten

Bewirtung unter freiem Himmel ist ab Montag unter Auflagen wieder erlaubt

15.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:21 Uhr
Letzte Vorbereitungen: Gastronom Julian Vogt (oben) macht seinen Biergarten bereit. −Foto: Herchenbach

Pfaffenhofen - Bei den Pfaffenhofener Wirten hat das große Stühlerücken begonnen: Am Montag darf die Außengastronomie geöffnet werden - und seit Donnerstag gehen sie mit dem Meterstab durch ihre Biergärten und über die Terrassen, um Tische und Stühle so auszurichten, damit der vorgeschriebenen Mindestabstand von 1,50 Meter gewährleistet ist.

 

Am Mittwochabend um 20 Uhr, sagt Müllerbräu-Chef Manuel Müller, kamen vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga die detaillierten Vorschriften. Jetzt, am Donnerstagnachmittag, sitzt er mit seinen Mitarbeitern im Stüberl seines Gasthofs am Hauptplatz und erläutert die Anordnungen: Gäste dürfen sich nicht mehr einfach irgendwo hinsetzen, sondern ihnen wird, sollten sie nicht zuvor reserviert haben, ein Tisch zugewiesen. An dem dürfen nur die Angehörigen von zwei Hausständen Platz nehmen. Um mögliche Infektionsketten zurückverfolgen zu können, müssen von allen Gästen Namen, Telefonnummern, Datum und Uhrzeit notiert werden. Aber damit sind die Vorschriften längst nicht am Ende: Die Bedienung muss darauf achten, dass die Gäste Mundschutz tragen, wenn sie nicht am Tisch sitzen. Maskenpflicht gilt auch fürs Personal. Und für die Toiletten müssen die Wirte noch einmal besondere Hygiene-Auflagen erfüllen.

Verständlich, dass sich die Freude der Gastronomen über die Öffnung in Grenzen hält, vor allem aber auch deshalb, weil sie wegen der Abstandsvorschrift jetzt weniger Gäste bewirten dürfen. Harald Hoyer, seit zehn Jahren Pächter der Scheyrer Klosterschänke, hat in seinem Biergarten die Abstände mit dem Meterstab ausgemessen, sich auf einen Stuhl gesetzt und ist mit dem nach hinten gerutscht. Dann hat er den Abstand von Lehne zu Lehne gemessen. Mit der Konsequenz: In seinem Biergarten, ausgelegt für 500 Personen, finden jetzt nur noch 200 Leute Platz.

Herb für Hoyer: Inzwischen, sagt er, habe er seine Rücklagen angreifen müssen. "Für April, Mai und Juni musste ich 25 Hochzeiten absagen." An manchen Samstagen bewirte er nämlich zu den Biergarten-Gästen bis zu drei Feiergesellschaften. Vom Umsatz-Minus abgesehen sei jetzt auch der Aufwand größer geworden: Besteck etwa, das bisher in Bierkrügen auf den Tischen stand, wird jetzt in Serviettentaschen gereicht. Und sind die Gäste gegangen, muss der Tisch nicht nur gereinigt, sondern auch desinfiziert werden. Weniger Einnahmen, mehr Kosten: Hebt Hoyer die Preise an? "Nein, die Speisekarten sind gedruckt, und der Wurstsalat wird weiterhin 8,50 Euro kosten."

Julian Vogt, Wirt der Alten Eiche in der Ingolstädter Straße, hat ebenfalls seinen Biergarten vermessen. Ergebnis: Das Platzangebot ist von 120 auf 30, maximal 40 Plätze geschrumpft. "Das geht nur", erklärt der 31-Jährige, "weil wir ein Familienbetrieb sind." Seine Eltern arbeiten mit. Um den Wirten zu helfen, hatte der Stadtrat beschlossen, ihnen zusätzliche öffentliche Freiflächen zur Verfügung zu stellen und auf die Gebühren dafür zu verzichten. "Ein tolles Angebot", sagt Vogt, "aber wir haben nichts davon". Vorm Haus ist viel zu wenig Platz, und irgendwo abseits ein paar Tische hinzustellen sei indiskutabel.

So sieht das auch Sven Tweer, Inhaber des Moosburger Hofs. Der Platz vor seinem Haus lässt sich nicht weiter ausdehnen, der Gehweg muss freibleiben, und die Möglichkeit, vielleicht ein paar Tische beim evangelischen Gemeindezentrum aufzustellen, sei keine wirkliche Option. Dann brauche man dort eine mobile Küchenstation und zusätzliches Personal. "Das müssen wir uns mal ansehen", sagt Tweer skeptisch.

Genauso verhalten reagiert die Raffa's-Wirtin Michaela Troisi. Ihr sei an der Löwenstraße eine zusätzliche Parkbucht für die Außenbestuhlung angeboten worden, aber dadurch erhöhe sich wegen der Abstandsvorschriften nicht das bisherige Platzangebot. Die Bedienungen müssten dann weiter laufen, möglich, dass zusätzliches Personal gebraucht werde. Zudem sei ihr Take-away-Angebot, das Essen zum Mitnehmen, ziemlich gut angelaufen. Da stelle sich natürlich die Frage, ob es sich lohne, das zugunsten der Außengastro zurückzufahren. "Wir sperren jetzt einfach mal auf", sagt die Wirtin, "und dann schauen wir mal."

Was sie nicht ganz versteht: Warum muss sie draußen um 20 Uhr schließen, die Bewirtung im Restaurant aber, die ab dem 26. Mai wieder erlaubt ist, erst um 22 Uhr? Sie ahnt den Grund: Die Sperrstunde soll verhindern, dass die Leute zu viel trinken und dann die Hygieneauflagen ignorieren. Aber trinkt man unter freiem Himmel mehr als drinnen? Erklären kann das von den Pfaffenhofener Wirten bisher niemand.

Relativ entspannt sind dagegen die Wirte vom Hauptplatz. Manuel Müller und Michael Frohmader, der seit dem vergangenen August das Othello betreibt, haben von der Stadt eine zusätzliche Fläche von 180 Quadratmetern links vor dem Rathaus zugesprochen bekommen, wo sie die Tische und Stühle aufstellen dürfen. 60 bis 70 Plätze, sagt Müller, beschert ihm damit die Stadt. Allerdings erhöhe sich sein Sitzplatzangebot dadurch nicht, sagt Müller. Für Frohmader halbiert es sich sogar. Auch er ist skeptisch, wie der Außenbetrieb funktionieren soll. Bisher schlenderten Wochenmarktbesucher auf einen Kaffee rüber zu seinen Tischen, jetzt soll das nur noch mit vorheriger Reservierung oder Platzzuweisung gehen. Um Hygiene-Ignoranten auszubremsen, wird er auf jeden Tisch ein Schild stellen: Reserviert!

Vor dem Pfaffelbräu gilt ab sofort: Sitzen statt Parken. Der Wirt Vitaliano Tollari darf vor seinem Lokal die vier Parkbuchten nutzen. 28 Sitzplätze für die Bewirtung hat ihm damit die Stadt zur Verfügung gestellt. Den Donnerstagnachmittag hat er dazu genutzt, um Tische und Stühle neu auszurichten. Damit kommt er jetzt auf dasselbe Platzangebot wie zuvor. Bleibt abzuwarten, ob der erbitterte Streit um Parkplätze auf dem Hauptplatz nun vorläufig ausgesetzt ist.

PK