Eichstätt
Studentin Claudia Moser sahnt 21000 Euro bei "Sing On! Germany" ab

21.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:40 Uhr
Florian Kurz
  −Foto: Screenshot Moser/Kurz

Eichstätt - Auch wenn Gesang nur ihr Hobby ist, hat die Eichstätterin Claudia Moser die vierte Folge der Karaokeshow "Sing On! Germany" gewonnen. Bis zur Finalrunde war ihre Anspannung stetig gewachsen.

 

Als letzten Song müssen die beiden Finalisten, ein junger Mann und eine junge Frau "Let Me Entertain You" von Robbie Williams singen. Sie springen auf der Bühne herum, tanzen, liefern eine Show ab: Er schaufelt mit beiden Händen von unten nach oben in Richtung Zuschauer, als würde er noch mehr Energie aus ihnen schöpfen wollen, sie gibt dem letzten Kreischen der Trompete noch einen imaginären Trommelschlag mit, bämm, das war's. Dann stehen sie neben der Moderatorin und gucken ernst. Es geht darum, wer gewinnt - und 20000 Euro mit nach Hause nimmt. "Und es ist...", setzt die Moderatorin an, pausiert. "...Claudia!"

"Ich war geschockt", erzählt die 22-jährige Eichstätter Journalistik-Studentin Claudia Moser nachher. Sie hat die vierte Folge der Show "Sing On! Germany" gewonnen, die seit Kurzem auf Netflix zu sehen ist. Dabei handelt es sich um eine Art "Singstar", bei dem möglichst viele Töne eines Liedes "korrekt" getroffen werden müssen, was in diesem Fall heißt: in der Höhe der Originalinterpretation. Palina Rojinski, die unter andrem bei "Viva" gearbeitet hat, moderiert die jeweils halbstündigen Folgen.

Moser hatte die Bewerbung samt Hörprobe vergangenes Jahr im Sommer abgeschickt und gar keine großen Erwartungen gehabt. Sie ist schon lange Sängerin und Frontfrau der Tanz- und Partyband "Warning" aus Dingolfing, ihrem Geburtsort. Warum nicht also bei einer Gesangsshow bewerben? "Als ein paar Wochen später der Anruf kam, habe ich gar nicht mehr daran gedacht", sagt sie. Per Video-Interview hat ein Redakteur der Sendung sie dann noch einmal vorsingen lassen, eine Viertelstunde hat das Gespräch gedauert. Am Ende gab es ein typisches "Wir melden uns". Und dann eines Tages die Nachricht: Sie ist dabei, es geht zum Dreh in die Pinewood Studios bei London - alles übrigens noch vor Corona.

Die genauen Spielregeln für die Show erfahren die sechs Teilnehmer erst vor Ort. Für alle Töne, die sie treffen, gibt es Geld, das in einen gemeinsamen Jackpot wandert. Den bekommt am Ende der Gewinner, die anderen gehen leer aus. Eine Software, der sogenannte "Vocal-Analyzer", wertet maschinell aus, wer die Töne trifft und wer nicht. In den letzten Runden entscheidet allein der Computer, wer weiterkommt, es gibt keine Jury. Stattdessen müssen sich die Teilnehmer in den ersten Runden gegenseitig rauswählen. "Da haben wir erstmal geschluckt", erzählt Moser hinterher. Zwar kennen sie sich alle gerade einmal seit dem Abend davor, aber dennoch - plötzlich ist die Konkurrenzsituation verschärft. "Wir haben uns gedacht: Mei, da müssen wir jetzt halt durch."

In der Maske fühlt Moser sich wie ein kleiner Star, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können sich wünschen, auf welche Art sie hübsch gemacht werden, außerdem werden ihre Outfits auf Kameratauglichkeit geprüft: Reflektiert etwas zu stark, flimmert es in den hochauflösenden Kameras?

Nach der kurzen Kandidatenvorstellung geht es mit dem ersten Song los, die Liveband stimmt "Moves Like Jagger" von Maroon 5 ft. Christina Aguilera an, alle Kandidaten stehen auf der Bühne und bekommen per Zufall ihren Einsatz. Es folgen gängige Songs wie "I Will Survive" von Gloria Gaynor oder "Firework" von Katy Perry.

 

Das Spielprinzip führt zwangsläufig zu der Frage: Kickt man denjenigen, der die wenigsten Töne trifft, also auch am wenigsten Geld in den gemeinsamen Jackpot spült? Oder schaltet man den größten Konkurrenten aus? Damit nicht gleich die Besten abgeschossen werden, gibt es zusätzlich die Regel, dass die oder der mit den meisten getroffenen Tönen auf jeden Fall in die nächste Runde kommt. Man kann einigen Teilnehmern, auch Moser, ansehen, dass sie diesen Teil der "krassesten Karaoke-Party der Welt", wie die Moderatorin sie nennt, nicht so toll finden.

Aber auch abgesehen davon habe die Anspannung während der Show zugenommen, schildert Moser. Sie fürchtete schon, das Mikro würde ihr runterfallen, der Griff lag so glatt in der feuchten Handfläche. Es wurde ihr wichtiger, zu gewinnen; was als harmlose Idee, einfach mal mitzumachen, begonnen hatte, zeigte sich nun als Chance, sich zu beweisen. Wer sich früher in der Schule über ihr hobbymäßiges Singen lustig gemacht hatte, würde vielleicht diese Show sehen. "Das war schon eine Genugtuung."

Beeindruckt habe sie, dass die anderen Teilnehmer so für die Musik gebrannt haben. Als sie in den Pausen über Dreiklänge hier und Vibrato dort reden, beschleicht Moser der Verdacht, dass es für die anderen doch eine ernstere Angelegenheit ist als für sie selbst. Und nach dem Sieg hat sie sogar ein schlechtes Gewissen. Weil sie zuvor auch einen sogenannten "Goldenen Ton" getroffen und gehalten hat, gibt es 1000 Euro obendrauf, am Ende fliegt die Studentin um 21000 Euro reicher zurück nach Deutschland.

"Es gehört so viel Glück dazu", sagt sie, denn es komme weniger auf den Gesang an, sondern darauf, nicht in der falschen Runde zu gut zu sein und dann von den anderen rausgewählt zu werden. Was sie dabei bescheiden unter den Tisch fallen lässt: Sie war zweimal die Beste, beide Male konnten sie die anderen also gar nicht loswerden. Die haben ihr den Sieg aber nicht nachgetragen: "Beim Abendessen waren alle super lieb zu mir". Die Ausstrahlung haben sie sich gemeinsam per Videokonferenz angeschaut, auch heute haben sie noch Kontakt. Und wie geht es jetzt weiter für die Studentin und gelernte Zeitungsredakteurin? Nun, genauso wie bisher. Nach wie vor lautet ihr Berufsziel Journalismus, vielleicht etwas beim Radio oder Fernsehen, vor der Kamera stand sie - in kleinerem Maßstab - auch vor der Show schon, sie moderiert die "Campus News" der KU auf deren Instagram-Kanal. Auch ihren Nebenjob in der Gastronomie möchte sie behalten, weil ihr das Team gefällt.

Nur einen Traum gilt es noch zu erfüllen: Die Teilnahme am Eurovision Song Contest, der eines ihrer jährlichen Highlights ist. Mit so vielen Menschen aus unterschiedlichen Ländern zusammenzusein, wäre für Moser, die neben Russisch und Deutsch auch Englisch, Französisch und Spanisch spricht, ein großer Anreiz.

Und wer kann schon sagen, wohin sie mit ihrer unverkrampften Ausprobier-Haltung noch kommen wird?

EK

Florian Kurz