Schrobenhausen
Streetworker außer Rand und Band

Taifun Solgun spricht im Jugendstadtrat von Lügen, Verleumdung und Ungerechtigkeit und teilt selbst ordentlich aus

26.04.2016 | Stand 01.02.2017, 8:23 Uhr

Schießt scharf: Streetworker Taifun Solgun. - Foto: Spindler

Schrobenhausen (SZ) Um es kurz zu machen: Es flogen die Fetzen. In der jüngsten Sitzung des Jugendstadtrats meldete sich Streetworker Taifun Solgun mit einem Riesenknall aus dem Krankenstand zurück. Er sprach von Lügen der Zoom-Mitarbeiter, der mutwilligen Zerstörung seiner Arbeit und drohte den Jugendlichen im Gremium ganz offen, sich nicht in seine Angelegenheiten einzumischen.

Dabei hatte alles so friedlich begonnen. Jugendreferent Andy Vogl eröffnete die Sitzung vor Bürgermeister Karlheinz Stephan und neun Jugendlichen. Alle zu fassenden Beschlüsse (Bericht folgt) wurden einstimmig angenommen, alle waren zufrieden. Bis, ja bis Andy Vogl unter dem Tagesordnungspunkt "Sonstiges" das Wort an den bisher lautlos gebliebenen Taifun Solgun übergab. Und der war sauer, und zwar so richtig.

Kommentar: So geht es nicht

Grund: In seiner Sitzung im März hatte sich der Jugendstadtrat wieder einmal mit dem Thema Skaterplatz beschäftigt. Von Vermüllung, Vandalismus und trinkenden und kiffenden Kids am Skaterplatz war schon seit rund einem Jahr immer wieder die Rede gewesen. Im März nun brachte der Jugendstadtrat den Vorschlag auf den Tisch, den Problemen durch Kameraüberwachung ein für allemal ein Ende zu setzen. Genau das schmeckte Streetworker Solgun überhaupt nicht - schließlich sei der Skaterplatz sein Revier. "Der Zustand dort ist längst nicht so schlimm, wie ihr das hier behauptet. Das sind doch alles Lügen, die ihr erzählt", polterte er los. Von Vermüllung zu sprechen, sei seiner Meinung nach maßlos übertrieben. "Ein, zwei Flaschen sind vielleicht mal dagelegen und Scherben gibt's überhaupt nicht."

Schweigen im Gremium - mit einem solchen Ausbruch hat vermutlich keiner gerechnet. "Naja also", meldete sich schließlich Paul Suermann zu Wort, "eigentlich stimmt das mit den Flaschen und dem Müll schon. Und ich könnte jetzt sicher zehn Skater anrufen, die Ihnen das bestätigen."

"Nein, nein", erwiderte Solgun. Er wollte davon genauso wenig wissen, wie vom Vandalismus auf "seinem Skaterplatz". "Vandalismus ist, wenn Staatseigentum beschädigt wird. Und hat irgendjemand am Skaterplatz was beschädigt", fragte er. Wieder war es Paul Suermann, der mutig mit einer Gegenfrage konterte. "Sind Graffitis keine Zerstörung von Staatseigentum" "Ich finde, das ist Kunst", ließ Solgun ihn wissen.

Und er war noch nicht fertig. "Was soll das überhaupt mit den Kameras" Mit solchen Vorschlägen würde seine Arbeit in den Dreck gezogen werden, quasi als nutzlos abgestempelt werden. "Es ist ungerecht, einfach hinterrücks meine ganze Arbeit so kaputt zu machen, das geht gar nicht", fand der Streetworker. "Und man kann auch nicht über jemanden schlecht sprechen, wenn derjenige gar nicht da ist."

Wegen einer Operation war Solgun fünf Monate in seinem Job ausgefallen. Teilweise hatten die Leiterin des Jugendzentrums, Katja Faig, und ihr Kollege Franz Stoß seine Arbeit übernommen - und sich so ein umfassendes Bild vom verheerenden Zustand des Skaterplatzes machen können. "Die Kids brauchen Hilfe. Wir brauchen einen Streetworker, der auch da ist", hatte Katja Faig gefordert.

Übertrieben und beleidigend habe Solgun das gefunden, wie er jetzt sagte. "Wisst's ihr, ich war länger krank, als ich gedacht habe. Aber als ich das gelesen habe, da war ich gerne länger krank. Das Jugendzentrum hat meine Arbeit zerstört." Aber gefallen lassen werde er sich das nicht. "Wenn noch mal jemand gegen meine Jugendlichen schießt, dann werde ich Hausverbote erteilen", sagte er entschlossen. "Meine Kids sind nicht drogensüchtig und nicht die gewalttätigen Tigers, die euch kaputt machen wollen. Das müsst ihr verstehen. Wenn ich so was noch mal höre, dann werde ich noch härter sein", drohte er.

Da platzte nun Franz Stoß der Kragen. Monatelang hatte er die Arbeit von Solgun mit übernommen, und versucht, Ruhe in die Jugendszene zu bringen, den Eklat um den Skaterplatz nicht ausufern zu lassen. "Da lasse ich mich doch jetzt nicht von dir kritisieren", schrie er Solgun entgegen. "Du bist doch der, der seinen Job nicht richtig macht. Da muss ich eigentlich überhaupt nicht diskutieren." Die Stimmung war auf dem Siedepunkt.

Bevor die Situation eskalieren konnte, griff nun Vogl ein und erklärte betont ruhig: "Schau Taifun, die Jugendlichen versuchen doch nur, Lösungen für Probleme zu finden. Keiner hat gesagt, dass deine Jugendlichen nicht mehr am Skaterplatz sein dürfen." Es sei außerdem Fakt, dass es Müllprobleme am Skaterplatz gebe und auch der Krankenwagen - Stichwort illegale Kräutermischungen - nicht nur einmal da gewesen sei.

"Jedes Mal, wenn ich da vorbei gehe, bekomme ich so einen Hals, weil es da so vermüllt ist", schaltete sich jetzt auch Bürgermeister Stephan ein. "Schade, dass wir das überhaupt diskutieren müssen, schade, dass es die Probleme überhaupt gibt." Auch er rang um Fassung. "Und eine Bemerkung noch", er atmete scharf ein, "wenn hier jemand ein Hausverbot erteilt, dann nur einer. Und das bin ich!"

Das hatte gesessen. Für einige Momente sagte keiner mehr was. Und das musste auch keiner. Die Luft war raus und Solguns Vorwürfe entkräftet.