Ingolstadt
Straßencafés statt Busverkehr

20.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:05 Uhr

Da wird’s eng: Wenn sich Am Stein zwei Busse entgegen kommen, bleibt kaum Platz zum Flanieren. Auch für die Besucher des Bistros wird es ungemütlich. Das Condotti will jetzt samstags, wenn die Busse draußen bleiben, ein paar Tische mehr aufstellen. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Seit vier Monaten sind die Busse am Wochenende aus der Nord-Süd-Achse verbannt. Jetzt kommt der Sommer, und zwei Lokale möchten Tische und Stühle hinaus auf die Moritzstraße stellen. Heute entscheidet der Freizeitausschuss über die Anträge.

Der eine stammt von der Nordsee-Filiale, Moritzstraße 7. "Wir sind die einzige in ganz Süddeutschland ohne Straßencafé", begründet Geschäftsführer Dieter Wieland den Vorstoß. "Ich finde es positiv, dass die Busse am Wochenende nicht mehr durchfahren, denn der Samstag ist Familieneinkaufstag. Ohne Busse ist das doch ein ganz anderes Bild – auch für auswärtige Besucher." Vier Tische sollen samstags von 9 bis 18 Uhr vor dem Fischgeschäft aufgestellt werden.

 
Gegen die beabsichtigte Sondernutzung, die zunächst nur für die diese Saison gelten soll, erhebt das Amt für Verkehrsmanagement keine Bedenken, sofern die Zufahrt zur Lebzeltergasse frei bleibt und das Mobiliar nicht im öffentlichen Verkehrsraum gelagert wird. Auch aus gestalterischer Sicht gibt es keine Einwände. Das Tiefbauamt schlägt den Ausschussmitgliedern deshalb vor, die Sache zu genehmigen.

Das gilt auch für den Antrag der Condotti GmbH (Am Stein), wobei die Verwaltung an dieser Stelle wegen der schmalen Straße einige Bedenken hat. Drei Tische mehr möchten die Betreiber samstags vor dem Bistro aufstellen, dadurch verbreitert sich die bisher genutzte Fläche um einen Meter. Andrea Schieder-Bosco hatte zunächst eine mündliche Absage erhalten und sich dann an den Oberbürgermeister gewandt. "Mir ist es wichtig, dass der Antrag nochmals auf den Tisch kommt, denn ich sehe keinen Grund für die Absage, solange die Fuß- und Rettungswege frei sind."

Die Lokalbetreiberin ist erleichtert, dass am Wochenende keine Busse mehr durch die Nord-Süd-Achse fahren. "99 Prozent unserer Stammgäste empfinden das als sehr wohltuend. Wenn die Leute flanieren können, ist das doch eine Bereicherung für die Altstadt." Andrea Schieder-Bosco hat Verständnis, dass die Busse unter der Woche fahren müssen – allein schon wegen der Leute, die zum Arzt wollen. "Vielleicht findet sich eine andere Lösung, zum Beispiel mit Kleinbussen, die zur Haltestelle Harderstraße fahren können."

Der Ansicht ist auch Apotheker Stefan Kurzeder. "Wenn sich hier zwei entgegen kommende Busse begegnen und zufällig eine Mutter mit Kinderwagen unterwegs ist, dann muss sie sich an die Wand quetschen. Man sollte eine andere Möglichkeit finden, die Leute durch die Stadt zu transportieren. Auch, weil sich Fahrbahn so abgesenkt hat, dass die Busse manchmal fast aufsetzen." Der Apotheker erzählt von alten Gewölben, die unter der Straße verlaufen.

Bürgermeister Sepp Mißlbeck ist zuversichtlich, dass die Testphase ohne Busse positiv verläuft. "Jetzt, wo der Sommer kommt, geht es ja erst richtig los: Ich glaube, dass die Leute die Moritzstraße genießen werden. Im Herbst werden sie dann sagen: Jawohl, das gefällt uns." Sepp Mißlbeck kann sich einen Seitenhieb gegen das Bürgerbegehren für die Beibehaltung des Busverkehrs nicht verkneifen: "Wie man hört, sammeln die ja verzweifelt Unterschriften."

Genau 3268 sind es bisher, doch die Initiative will jetzt verstärkt an die Öffentlichkeit gehen. So sind Stände am Wochenmarkt, in der Fußgängerzone und am Omnibusbahnhof geplant.