Geisenfeldwinden
Stockhaus am Stadtrand

Idylle in Gefahr: Geisenfeld will Wohnblöcke, die Nachbarn lieber ihre Ruhe

07.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:57 Uhr

Größeres Vorhaben: Wo jetzt noch Hopfensäulen lagern, könnte am Hüllgarten schon bald ein Sechs-Parteien-Haus stehen. - Foto: Ermert

Geisenfeldwinden (GZ) An einem Bauvorhaben am Geisenfeldwindener Ortsrand scheiden sich die Geister. Helmut Hofer möchte am Hüllgarten ein Stockhaus mit sechs Wohnungen errichten, und das wird wohl auch genehmigt. Den Nachbarn ist das zu viel - vor allem wegen der engen Straße.

Direkt am Wendehammer der schmalen Stichstraße haben Manuela und Christian Rogasch vor 15 Jahren ihr Haus gebaut. Die Lage ist ruhig, der Blick nach Süden unverbaut. Lediglich einen Haufen alter Hopfensäulen lagert Helmut Hofer dort. Alles in allem ein kleines Idyll am Ortsausgang von Geisenfeldwinden. Aber die Ruhe ist trügerisch.

Vor ein paar Tagen beobachtete Christian Rogasch einen Bautechniker beim Ausmessen. Was er dabei erfuhr, gefiel der jungen Familie gar nicht. Denn die Hopfensäulen sollen schon bald einem Stockhaus weichen. Sechs Wohnungen. Das bedeutet zwölf Stellplätze. Und somit ein Dutzend Autos, die bald am Haus der Rogaschs vorbei durch die Gasse zur B 300 fahren.

"Für so einen Verkehr ist die Straße und der Wendehammer gar nicht ausgelegt", meint Manuela Rogasch. Von den fehlenden Parkmöglichkeiten für Besucher ganz zu schweigen. Ihr Mann Christian kann es ebenfalls schwer fassen, dass die aus Einzel- oder Doppelhäusern bestehende Nachbarschaft von einem Mehrparteienhaus überschattet werden soll. "Und das im wahrsten Sinne des Wortes", denkt der Familienvater. "So ein großes Haus, da kommt doch kaum noch Sonne zu uns durch."

Das Verhältnis zu Helmut Hofer bezeichnen die beiden dennoch als gut. "Darum verstehe ich nicht, weshalb er uns das nicht vorher gesagt hat", sagt Christian Rogasch. Natürlich habe er damit rechnen müssen, dass irgendwann an dieser Stelle ein Häuschen entsteht. Aber so ein Wohnblock sei eine ganz andere Kategorie. Die Familie sieht ihre Lebensqualität beeinflusst. Und sie hofft, dass der Nachbar sein Bauvorhaben ein wenig nach unten korrigiert. "Dass es nur vier Wohnungen werden", meint Manuela Rogasch. "Das wären schon weniger Autos."

Am meisten ärgert die Familie, dass sie vorab nicht informiert wurde. Da noch ein kleiner Grünstreifen zwischen ihrem Grund und dem von Helmut Hofer liegt, musste ihre Unterschrift bei der Bauvoranfrage nicht eingeholt werden. Aber ein klärendes Gespräch unter Nachbarn, das wäre schön gewesen. "Wir haben gerade unseren Kredit verlängert", berichtet Christian Rogasch. "Hätten wir das gewusst, hätten wir uns überlegen können, ob wir das Haus nicht besser verkaufen."

Helmut Hofer räumt ein, dass er das Gespräch hätte suchen sollen. "Ich bin leider noch nicht dazugekommen", entgegnet er. "Aber ich wollte in den nächsten Tagen wirklich mit den Rogaschs reden." Er wolle das auch jetzt noch nachholen. Das Bauvorhaben selbst stellt er indes nicht infrage. Ihm liege eine genehmigte Bauvoranfrage vor. Allgemein gelte das Gebot, Baulücken zu schließen. "Und wir werden angehalten, gerade kleine Wohnungen zu bauen, weil die besonders gefragt sind", führt er aus. Sein Vorhaben sei keineswegs überdimensioniert. Das Gebäude werde zweigeschossig und mit ausgebautem Dachgeschoss errichtet - und etwa zwölf auf 16 Meter groß. "Ein Doppelhaus ist auch nicht kleiner", meint der Bauherr. "Aber sechs kleine Einheiten braucht unser Wohnungsmarkt sogar noch mehr - und sie lassen sich auch besser vermieten." Das Problem mit der schmalen Stichstraße kennt Hofer auch. "Aber ich kann nichts dafür, dass sie nicht breiter ist", ergänzt er. Zumindest sei auf diese Weise gewährleistet, dass aus der Stich- keine Durchgangsstraße werde, die irgendwann ein neues Baugebiet erschließt. "So kann man das nämlich auch sehen."

Stadt und Landratsamt teilen diese Ansicht weitgehend. Bürgermeister Christian Staudter (USB) weist darauf hin, dass an dieser Stelle schon länger Baurecht geherrscht habe, sich das Vorhaben in die Umgebung einfüge und die Stadt dringend neue Wohnungen brauche. Landratsamtssprecher Karl Huber kann die Bedenken der Nachbarn - wie Staudter übrigens auch - gut nachvollziehen, den Rogaschs aber keine Hoffnung machen. "Wir haben es geprüft. Nach der Größe der Fläche und der Kubatur des Gebäudes ist alles im Einklang mit dem Baurecht. Das Vorhaben fügt sich ein und ist an dieser Stelle verträglich", sagt er.

So bleibt Manuela und Christian Rogasch nur die Hoffnung, dass sie mit Helmut Hofer doch noch einen Kompromiss finden. Oder sich mit seinem Vorhaben anfreunden. Alternativ bleibt nur der Klageweg. Der ist teuer - und die Aussicht auf Erfolg ebenso trügerisch wie die Ruhe, die am Wendehammer jetzt noch von den alten Hopfensäulen ausgeht.