Ingolstadt
Stimmgewaltig mit wenig Tiefgang

Mathias Kellner und Otto Schellinger in der Ingolstädter Neuen Welt

24.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:45 Uhr

Lässt immer noch Luft nach oben: Liedermacher Mathias Kellner in der Neuen Welt. - Foto: Knobloch

Ingolstadt (DK) Eigentlich bezeichnet sich Mathias Kellner als Singer/Songwriter - an zweiter Stelle steht allerdings auch sein Talent als Alleinunterhalter. Letzteres hat er wohl von seinem Opa geerbt, den er als Bub beim Gstanzlsingen in niederbayerische Dorf-Gasthöfe begleitet hat.

Da er mittlerweile schon mit dem dritten Album in bayerischem Dialekt mit dem Titel "Kettnkarussell" aufwarten kann, passt der stimmgewaltige Wahl-Regensburger nicht nur wie 2014 in das Programm des Bluesfestes, sondern macht in diesem Jahr unter dem Motto "Lieder und Geschichten" einen Abstecher zu den 33. Ingolstädter Kabaretttagen, wo er die Zuhörer in der gut gefüllten Neuen Welt beglückt.

Zunächst darf jedoch sein späterer Begleitmusiker, Otto Schellinger, drei eigene Songs vortragen - vom Flaschensammler am Ostbahnhof über ein Liebeslied für Sabine Töpperwien bis hin zum Straßenmusiktango ebnet der Multiinstrumentalist den Weg für Mathias Kellner, der mit "Ned so schlimm" einen "Hosentürlwetzer" geschrieben hat. Weitere Songs wie das autobiografische "Geh hoam" oder das selbst ernannte Update zum bayerischen Heimatlied mit dem Titel "Bei uns dahoam" lassen textlich erahnen, was in Mathias Kellner steckt. Doch irgendwie ist der Knoten noch immer nicht ganz geplatzt. Seine Gedanken über Gott und die Welt sind auch drei Jahre nach seinem bayerischen Debüt-Album textlich nur partiell zu erkennen - meist gibt es ein, zwei Strophen, welchen endlos scheinende Wiederholungen des Refrains folgen. Die Zuhörer warten meist vergeblich auf eine Auflösung oder Schlussfolgerung der Gedankenstränge oder Geschichten. So verarbeitet Mathias Kellner in "Koa Zeit" das Auseinanderleben mit einem engen Freund aus Kindertagen, was sich jedoch nur durch die lange Anmoderation erschließt. Reden kann er jedenfalls beinahe genauso gut wie singen: Die Überleitungen zwischen den Songs sind durchaus kabarettistisch angehaucht.

Musikalisch lässt sich die Songwriter-Ich-AG nicht die Butter vom Brot nehmen. Die Stimme von Mathias Kellner schmeichelt wahrlich den Gehörgängen. Natürlich darf an diesem Abend neben dem bekannten "Vielleicht vielleicht" auch der Titelsong "Kettnka-russell" nicht fehlen, eine Geschichte über viel Bier ohne Speiben im Speziellen oder das sich immer weiter drehende Leben im Allgemeinen. Schließlich wählt Mathias Kellner als Zugabe die Nummer "Paula" von Haindling aus, welche das halbe Publikum in der Zeit zurückkatapultiert: direkt vor den Fernseher in die Vorabendserie "Zur Freiheit" im Jahr 1988! Da passt es perfekt, wenn zum Abschluss noch der Titel "Zeitmaschin'" erklingt.