Salzburg
Stimmenrausch in Salzburg

Verdis "Il trovatore" mit Anna Netrebko als Höhepunkt der Festspiele

18.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:54 Uhr

Grandios: Anna Netrebko als Leonora und Artur Rucinski als Graf Luna in Verdis „Il trovatore“ bei den Salzburger Festspielen - Foto: Forster

Salzburg (DK) Zum Ende der Festspiele an der Salzach stehen nun die gefeierten Wiederaufnahmen der Top-Aufführungen des vergangenen Jahres auf dem Programm. Zunächst Verdis „Il trovatore“ mit Anna Netrebko: ein Stimmenrausch schier ohnegleichen und große Oper samt großartig zelebrierter Musik im Großen Festspielhaus.

Ein grandioses Gesamtkunstwerk, glamourös und pompös in jeglicher Beziehung: wirkungsvolle Auftritte, prachtvolle Kostüme in allen nur erdenklichen Rottönen (von Eva Dessecker), und vor allem mit schier schmelzender Hingabe gesungene Duette und Terzette. Dramatisch-poesievolle Italianità vom Allerfeinsten.

Allein schon die Idee des lettischen Regisseurs und Bühnenbildners Alvis Hermanis, „Il trovatore“ in einer Gemäldegalerie anzusiedeln, ist faszinierend. Zu Verdis stimmungsvoller Ouvertüre stehen etliche Kunstfreunde staunend und versunken vor den Meisterwerken italienischer Renaissancemaler, bis eine bunt zusammengewürfelte, mehr oder weniger interessierte Reisegruppe durch die Säle geschleust wird, wie es derzeit in Salzburg überall zu erleben ist. Ferrando, hier kein Hauptmann in der Armee des Grafen Luna, sondern ein wuseliger Fremdenführer, erklärt all die Porträts der Herrscher, ihrer Frauen und Mätressen samt deren Schicksale.

Nach dieser Satire auf die Salzburger Realität zur Festspielzeit folgt der Regie-Gag: In ein blaues Kostümchen gewandet sitzt Leonora, bebrillt, still und stumm als eine der Museumsaufseherinnen am Rande all der Bildnisse, um plötzlich aufzuspringen und ihr Leben als Traum und Albtraum in den Bildern widergespiegelt zu sehen. Wie von Geisterhand bewegt, wandern die Gemälde der Madonnen, der Märtyrerinnen und auch ihres Sehnsuchts-Troubadours Manrico in ihrer Imagination über die Bühne. Anna Netrebko ist diese Leonora, die vom Museumshascherl zur innerlich restlos zerrissenen Hofdame der Prinzessin von Aragon mutiert, und schließlich nach all den Intrigen und Enttäuschungen mit Gift ihrem Leben ein Ende setzt. Ebenso herrlich hochdramatisch wie wunderbar elegisch singt die Netrebko diese Partie und verkörpert diese Figur als geradezu spürbar Leidende so atemberaubend, dass das Publikum vor Jubel schier ausrastet. Allein, wie sie mit bebender Stimme als auch hinschmelzend balsamisch die Arie „D’amor sull’ali rosee“ als ergreifendes Seelendrama formt, ist überwältigend.

Nicht nur wegen Anna Netrebkos wunderschönen Gesangs müsste Verdis Schmachtoper eigentlich „Leonora“ heißen, sondern auch da die Hofdame in diesem Dreiecks-Liebesdrama eigentlich die tragische Hauptfigur ist. Graf Luna begehrt bekanntlich Leonora, die jedoch den Troubadour Manrico liebt. Nach dem Duell der beiden Rivalen (die nicht wissen, dass sie Brüder sind) und Manricos vermeintlichem Tod im Krieg beschließt Leonora, ins Kloster zu gehen. Doch Manrico, der gesund aus der Schlacht Zurückgekehrte, hält Leonora von ihrem Entschluss ab, während Graf Luna mithilfe der Zigeunerin Azucena die Verbindung zwischen dem Troubadour und dessen in ewiger Liebe entflammter Leonora bis zu ihrem Gifttod zu hintertreiben weiß.

Francesco Meli gibt als Troubadour den heißspornigen italienischen Liebhaber par excellence, schmettert seine Arien glutvoll und innig an der Rampe und schwelgt in der Stretta „Di quella pira“, während Ekaterina Semenchuk mit schön timbriertem Mezzosopran die geheimnisvolle Zigeunerin Azucena wirkungsvoll gibt. Und phänomenal, welch warm strömende Stimme Artur Rucinski besitzt, um die Partie des Grafen Luna mit Wohlklang zu füllen.

Mag Gianandrea Nosedas Dirigat hin und wieder etwas zu laut ausfallen, so ist es doch staunenswert, mit welch musikalischer Delikatesse er die zarten Stellen hören lässt, vor allem mit welcher Dynamik und expressiver Wucht er die prachtvoll spielenden Wiener Philharmoniker anfeuert und dabei die musikalische Glut in Verdis Komposition zum Glühen bringt.