Steinpilze lieben die Nähe von Fliegenpilzen

13.09.2007 | Stand 03.12.2020, 6:30 Uhr

Viele verschiedene Pilzsorten hat Apotheker Hanns Schultes am Ende der kleinen Exkursion in seinem Korb gesammelt. - Fotos: Drexler

Schrobenhausen (SZ) Sie warten mit einer Fülle an Formen und Farben auf, fühlen sich weich oder spröde an, haben Stiele mit und ohne Ringe. Apotheker Hanns Schultes geht einmal im Jahr mit Mitarbeitern auf Pilzsuche. Anschließend werden die Fundstücke genau bestimmt.

Die kleinen Äste auf dem Waldboden knacken. Bei jedem Schritt rascheln die Blätter. Die Augen fest auf den Boden gerichtet, arbeitet sich die sechsköpfige Gruppe durch den Wald. Den Scheyerner Forst hat Hanns Schultes für die kleine Expedition in Sachen Pilze ausgesucht. "Das ist ein Mischwald, in dem viele verschiedene Pilzsorten wachsen", erklärt er. Denn, so Lektion Nummer eins, je wilder der Wald umso mehr Vielfalt an Sorten. Die Pilze haben eben so ihre Vorlieben, was den Boden und die Umgebung betrifft.

Steinpilze zum Beispiel scheinen die Nähe von Fliegenpilzen zu lieben. Spekuliert zumindest Manuela Kreitmair. Denn vergangenes Jahr fand sie riesige Fliegenpilze – und ganz in der Nähe eben die besagten Steinpilze. Moos dagegen scheint bei einer ganzen Reihe von Pilzen ein beliebter Untergrund zu sein. Täublinge, rosa Röhrenpilze und auch Braunkappen wachsen hier.

Andere wieder bevorzugen Holz. Porlinge zum Beispiel. Die habe man früher zerrieben und daraus Zunder zum Feuermachen hergestellt, erzählt Schultes.

Die Körbchen der kleinen Gruppe füllen sich. Allerdings nehmen sie von jeder Sorte meistens nur einen Pilz mit. Die Gruppe sammelt auch weniger für das leibliche Wohl, sondern bei ihrer Exkursion geht es in erster Linie um geistige Nahrung. Die Mitarbeiter üben sich darin, Pilze zu bestimmen, um Kunden besser beraten zu können.

Für Julia Schäfer ist es der erste Ausflug in das Reich der Stiele und Hüte. Sie ist seit wenigen Wochen Auszubildende in der Rathausapotheke und kennt frische Pilze bisher hauptsächlich vom Speisezettel der Oma. Die gehe regelmäßig zum Sammeln in den Wald, erzählt sie. Tödlich giftig seien nur etwa zehn Prozent der Pilze, erfährt Julia von ihrem Chef. Viele dafür ungenießbar.

Wie der Gallenröhrling, ein Doppelgänger des Steinpilzes. Der schmeckt so bitter, dass schon ein kleines Stück genügt, um das ganze Essen zu verderben. Richtig giftig sind dagegen die Stinkschirmlinge, die aussehen wie ein Mini-Parasol, der wiederum ein beliebter Speisepilz ist. Zumindest die ausgewachsenen Exemplare.

Schultes kommt ins Schwärmen, erklärt seinen Mitarbeitern, woran man den Täubling von dem Ritterling unterscheiden kann, zeigt ihnen Pfeffermilchlinge und Schwefelköpfchen. Azubi Julia ist begeistert von der Vielfalt an Formen und Farben. "Der ist ja voll glitschig", ruft sie und streicht einem Pilz über die Kappe. "Nimm ihn mit", ruft Schultes ihr zu.

Rausdrehen oder abschneiden?Das sei egal, meint ihr Chef. Wichtig für eine eindeutige Bestimmung ist, dass der Pilz so tief wie möglich entnommen wird und die Myzelien, eine Art Wurzelgeflecht, anschließend wieder bedeckt werden.

Nach gut einer Stunde haben alle genug gesammelt, machen sich auf den Rückweg. Zwei fehlen. Sie haben sich verlaufen, ergibt ein kurzer Anruf per Handy. "Das kommt vor, wenn man nur Augen für die Pilze hat", lacht Schultes. Eine Stunde später waren auch die beiden Vermissten am Treffpunkt.