Ingolstadt
Starke Farben gegen Trostlosigkeit

Künstler-Trio gestaltet die Unterführung am Nordbahnhof - Ingolstädter Städtepartnerschaften als Motiv

13.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:33 Uhr
Alexandra Grimm
Neugierigen Blicken ausgesetzt: Jörg Solzbacher sprüht mit seinen Kollegen großflächige Bilder auf die Wände der Unterführung. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Trist, grau, schmuddelig und zum Teil beschmiert.

Die trostlosen Wände der Unterführung des Ingolstädter Nordbahnhofs wirkten vor Kurzem noch wenig einladend auf die Reisenden und die Anwohner, die die Unterführung durchqueren mussten. Dieses unansehnliche Bild ist nun bald Vergangenheit, denn seit Anfang dieser Woche sind Michael Gmeiner, Jörg Solzbacher und Lars von der Warth, Graffiti-Künstler der Münchner Gestaltungsfirma Graphism, unter den Gleisen damit beschäftigt, die 325 Quadratmeter große Wandfläche attraktiv zu gestalten.

Und schon jetzt lässt sich das farbenfrohe Ergebnis erahnen: Verschiedene abstrakt angeordnete Formen in unterschiedlichen Farben zeigen Namen, Flaggen, Logos und Infos der zehn Partnerstädte von Ingolstadt. Diese sind Carrara, Foshan, Grasse, Györ, Kragujevac, Manisa, Moskau Zentralbezirk, Murska Sobota, Opole und Kirkcaldy. Bei der Farbauswahl orientieren sich die Künstler an den jeweiligen Landesfarben: "Moskaus Farben sind Weiß, Rot und Blau. Damit man nicht nur drei Farben hat, macht man Abstufungen", erzählt Gmeiner. Er freue sich, diesen tristen Ort aufwerten zu können. Nachdem die schäbigen Zustände am Nordbahnhof schon lange ein großes Thema im Bezirksausschuss Nordwest war und viele Beschwerden eingegangen waren, ergriff der Stadtjugendring im vergangenen Jahr die Initiative und stellte den Kontakt zu den Künstlern aus München her. "Vorher sah es ziemlich hässlich aus", findet Laura Böttcher aus Ingolstadt, die häufig mit dem Zug nach München fährt.

Das Design und die Gestaltung hat das Graphism-Team entwickelt. "Die Vorarbeiten und Konzeptionsphase machen 70 Prozent der ganzen Arbeit aus", so Gmeiner. "Wir hatten zuerst an die Landesgartenschau gedacht. " Doch das Thema sei nur kurzfristig aktuell und daher habe man sich für ein zeitloses Thema entschieden - die Städtepartnerschaften Ingolstadts. Er und sein Team führen seit acht Jahren größere Gestaltungsprojekte durch. "Wir hatten europaweit Projekte unterschiedlicher Art", sagt sein Kollege Solzbacher. Darunter seien große Festivalwände, Hausfassaden und sogar ein Kleinflugzeug gewesen. "Jeder Auftrag ist anders", ergänzt Gmeiner. In der Unterführung des Nordbahnhofs machten die drei Künstler vor der eigentlichen Sprüharbeit Markierungen und legten Farbkonzepte fest. "Wir kümmern uns erst um die Hintergrundelemente und dann in der zweiten Woche um die kleineren Details", so Gmeiner. Der Vorteil von Sprühfarbe im Gegensatz zur Streichfarbe sei die schnelle Trocknungszeit: "Sprühfarbe braucht fünf bis zehn Minuten zum Trocknen, Streichfarbe eine Stunde oder länger. " Ihre Arbeit habe aber mit Graffiti nichts zu tun, sondern sei künstlerische Raumgestaltung. "Wir machen die Buchstaben deswegen so plakativ, weil es für alle Altersgruppen greifbar und verständlich sein soll. So wird die breite Masse mit Kunst konfrontiert. "

Spätestens bis zum 20. September soll die Gestaltung der Unterführung des Nordbahnhofs fertiggestellt sein. Schon jetzt zeigen sich Reisende begeistert: "Mir gefällt, dass die Länderfarben ganz neu und modern mit einbezogen wurden", sagt die 21-jährige Jaqueline Michel. Die Angst, dass jemand das Werk demolieren könnte, bleibt jedoch. "Wir strukturieren das absichtlich so abstrakt, um zu verhindern, dass es zerstört wird", äußert sich Solzbacher. Eine 100-prozentige Garantie gebe es aber nicht, dass es nach der Fertigstellung unangetastet bleibt. Auch eine Anwohnerin findet die Veränderung gut und sagt: "Hauptsache, es schmiert keiner mehr herum. "

Alexandra Grimm