Staranwalt Bossi beleidigt Opfer

21.09.2006 | Stand 03.12.2020, 7:31 Uhr

Ingolstadt (hri) Über Schuld und Unschuld will das Gericht am kommenden Freitag entscheiden. Für die beiden Verteidiger Rolf Bossi und Andreas Kreitmeier ist die Sache indes schon jetzt klar: Ihr Mandant, ein wegen Vergewaltigung seiner früheren Lebensgefährtin angeklagter 30 Jahre alter Kfz-Spengler aus Mainburg, sei unschuldig und deshalb freizusprechen.

Bossis Auftritt bei seinem gestrigen Plädoyer vor der 1. Strafkammer am Landgericht sorgte für Betroffenheit im Saal. Nicht nur, dass er den Schlussvortrag der Staatsanwältin, die er versehentlich als Verteidigerin bezeichnete, in Bausch und Bogen als "Ausdruck ihrer Inkompetenz und totalen, himmelschreienden Befangenheit" abtat. Er scheute auch nicht davor zurück, das mutmaßliche Opfer, eine 24-jährige Ingolstädterin, in deren Anwesenheit als Lügnerin, Betrügerin und "schäbige, kriminelle Drecksperson" mit "nicht zu übertreffender Charakterlosigkeit" zu bezeichnen, weil sie einmal ein Zeugnis gefälscht hatte, um eine Arbeitsstelle zu bekommen.

Die Verteidiger zweifeln deshalb von Grund auf an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Es sei doch alles "dummes Geschwätz, was hier gesagt wurde", meinte Bossi. Weder er noch sein Kollege wollen glauben, dass der 30-Jährige seine Ex-Freundin nach einem Streit auf einem Parkplatz an der B 16 sowie drei Mal in deren Wohnung vergewaltigt hat, wie es in der Anklage heißt.

Sein Mandant stamme aus dem Kosovo und habe nur den dortigen "Volksbräuchen" entsprechend gehandelt, erklärte Bossi. "Er war der sexuell bestimmende Teil und hat sie genommen, wann er wollte und wie er wollte." Dass die 24-Jährige bei der ersten Vergewaltigung schwanger wurde u nd deshalb abtreiben musste, sei ihre eigene Schuld. "Es ist doch Sache der Frau, zu verhüten, sie kann sich doch die Spirale einsetzen lassen oder die Pille nehmen." Es sei eine "Gemeinheit, das dem Angeklagten vorzuwerfen".

Unaufgeregt, sachlich nüchtern und in sich stimmig hatte zuvor Staatsanwältin Nicole Weigand ihr Plädoyer gehalten. Für sie besteht nicht der geringste Zweifel an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers. Die Frau habe keinerlei Belastungseifer gezeigt, eigene Fehler nicht beschönigt und konstant ausgesagt. Verletzungen an Brust und Oberschenkel seien ebenso Beweise für die Richtigkeit ihrer Angaben wie die Aussagen von Verwandten, denen sie von den Vergewaltigungen erzählt hatte.

Der Angeklagte sei dagegen ein Lügner; er habe wissentlich den eigenen Bruder in die Falschaussage getrieben, um sich zu entlasten.Weigand forderte fünf-einhalb Jahre Haft für ihn.