26-jähriger Student erzählt
Stammzellenspender aus Neuburg könnte zum Lebensretter geworden sein

Mathias Wiedemanns: "Auf jeden Fall wieder"

12.12.2021 | Stand 23.09.2023, 22:13 Uhr
Während der Spende musste Mathias Wiedemann absolut still liegen. Aus seinem Blut wurden Stammzellen herausgefiltert, die in den Tagen zuvor eigens gezüchtet worden waren. −Foto: Wiedemann

Neuburg/Kopenhagen - Hinter Mathias Wiedemann liegen anstrengende, nervenaufreibende und gleichzeitig schöne Tage: Der 26-jährige Student aus Neuburg ist unter Umständen zum Lebensretter geworden. Er hat Stammzellen gespendet, die für seinen genetischen Zwilling, eine ungefähr gleich alte Frau aus der Schweiz, eine große Chance bedeuten können, ihre Leukämieerkrankung hinter sich zu lassen, weiter zu leben. Schon am Donnerstag, dem Tag nach seiner Spende, wollte Wiedemann, der in Kopenhagen lebt, unbedingt von seiner Aktion berichten. "Ich will Multiplikator sein", sagt er.

Fast zehn Jahre ist es bereits her, dass sich Mathias Wiedemann in die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) hat aufnehmen lassen. Bei einer Typisierungsaktion am Neuburger Descartes-Gymnasium war es seinerzeit, als ihm Mitarbeiter der Organisation eine Gewebeprobe - ganz einfach über einen Abstrich in seinem Mund - genommen haben. Der Neuburger, wie viele andere auch, erklärte sich damit einverstanden, dass sein genetischer Code analysiert und bei der DKMS hinterlegt wird. Denn die Organisation sucht und vermittelt im besten Fall sogenannte genetische Zwillinge. Diese sind oft die einzige Rettung für an Leukämie, auch Blutkrebs genannt, erkrankte Menschen.

Zweimal wurde Mathias Wiedemann eingeflogen

Viele Jahre hat Wiedemann erst mal gar nichts gehört. 2017 schien es so, also würde er genetisch auf einen Erkrankten passen, im Detail stimmten die Merkmale dann wohl doch nicht, weil das Prozedere wieder abgebrochen wurde. Dann allerdings gab es eine erneute Kontaktaufnahme der DKMS mit dem Neuburger. Heuer im März flog er von seinem Studienort Kopenhagen dazu nach München zu Untersuchungen. "Das wurde aber wieder abgebrochen, weil es dem Empfänger oder der Empfängerin schlechter ging", berichtet Wiedemann. Ende November ging es mit dem Gesundheitszustand des potenziellen Zwillings aber bergauf. Wiedemann bekam erneut einen Flug von der DKMS organisiert und gezahlt - und diesmal klappte es. Die Untersuchungen hatten ergeben, dass er tatsächlich ein kompatibler Spender für die erkrankte Person ist.

In der Folge musste sich Wiedemann mehrere Tage hintereinander täglich eine Spritze mit einem bestimmten Medikament geben. Dieses regt das Wachstum der Stammzellen im Knochenmark bis zu einem Punkt an, an dem die begehrten Zellen in die Blutbahn abgegeben werden.

Jeder in der Datei ist ein potenzieller Lebensretter

Um das womöglich lebensrettende genetische Material zu gewinnen, ging es für Mathias Wiedemann vor wenigen Tagen in eine Klinik nach Nürnberg, wo man sich auf die Extraktion der Stammzellen spezialisiert hat. Der 26-Jährige möchte nicht verschweigen, dass er teilweise ein mulmiges Gefühl hatte. "Wir waren zu zweit bei der Spende, der Steve und ich", berichtet der Neuburger aber doch gut gelaunt. Seine neue Bekanntschaft und er hätten sich gegenseitig durch die Prozedur geholfen, Witzchen gerissen, "die Reise zusammen gemacht". Rund viereinhalb Stunden musste Wiedemann ruhig in einem Bett liegen. Während dieser Zeit wurde sein Blut, ähnlich wie bei einer Dialyse, gefiltert. Aus einem von Wiedemanns Armen wurde das Blut entnommen, lief über Schläuche in eine Maschine, welche die Stammzellen herausfilterte und anschließend das Blut über einen weiteren Schlauch in den anderen Arm wieder zurück an den Spender gab.

Anstrengend sei es vor allem gewesen, weil er absolut still liegen musste. "Jedes Mal, wenn ich mich bewegt habe, hat sich die Maschine beschwert", sagt Wiedemann und muss lachen. Das hatte zur Folge, dass er für die kleinsten Dinge, wenn etwa seine FFP2-Maske verrutscht war, auf die Hilfe eine Krankenschwester angewiesen war. Das Personal habe sich aber hervorragend gekümmert, den Spendern auch die Ängste genommen. "Ich habe extra vorher Elisenlebkuchen besorgt und sie den Krankenschwestern mitgebracht", berichtet Wiedemann. Er habe sich auch bedankt, dass das Personal Teil der Lösung im Kampf gegen den Blutkrebs sei.

Als die Spende vorüber war, sei er richtig k.o. gewesen. "Ich glaube, ich habe zehneinhalb Stunden geschlafen", erzählt der Neuburger. Nach einer zweiten Hotelübernachtung in Nürnberg, die ebenfalls die DKMS gezahlt hat, ging es für den 26-Jährigen schon wieder zurück nach Kopenhagen. Auf dem Weg dorthin erfuhr er auch, dass seine Spende an eine etwa gleichaltrige Frau in der Schweiz gehen wird. Mehr Informationen gibt es erst mal nicht. Für Wiedemann steht indes fest, dass er, sollte er erneut die Gelegenheit haben, "auf jeden Fall" wieder Stammzellen spenden wird. "Ich will auch davon berichten, damit sich mehr Menschen typisieren lassen", sagt er. Denn jeder, der sich in die Datei aufnehmen lasse, sei ein potenzieller Lebensretter.

DK

Sebastian Hofmann