Stahlglocken zweite Wahl

23.11.2007 | Stand 03.12.2020, 6:19 Uhr

Die alte Bronzeglocke aus dem Jahr 1816, die auf dem Boden der Glockenstube steht, kommt voraussichtlich zu neuen Ehren.

Scheyern (eg) Glockengeläut und -stuhl der Scheyerer Basilika müssen dringend saniert werden: Das ist das Ergebnis einer Besprechung mit dem Glockensachverständigen der Erzdiözese – und ein schwerer Paukenschlag für die Verantwortlichen des Klosters und der Kirchenverwaltung.

Dass für den Zweiten Weltkrieg die Scheyerer Glocken zum größten Teil abgeliefert werden mussten, war bekannt; dass sie 1947 unter Abt Franz Seraph Schreyer durch Stahlglocken ersetzt wurden, weil damals Bronze unerschwinglich und nicht erhältlich war, wusste man auch. Im Zusammenhang mit der Erneuerung der Glocken wurde auch ein neuer Glockenstuhl mit Jochen aus Stahl eingebaut – in der Überzeugung, Stahl würde ewig halten. Dass das nicht stimmte, merkte man daran, dass in den letzten Jahren ständig Reparaturen fällig waren, die mit mehreren 1000 Euro zu Buche schlugen. So mussten bereits zwei der fünf Joche ausgetauscht werden.

Daher ließen sich die Verantwortlichen von Kloster und Kirchenverwaltung durch den Glockensachverständigen der Erzdiözese München, Gerald Fischer, über die Lage und die Zukunftsaussichten informieren. Bei einem Ortstermin wurden Glocken und Glockenstuhl im Turm der Basilika inspiziert. Dort betonte Gerald Fischer, dass man den Verantwortlichen für die Erneuerung des Geläuts im Jahr 1947 keinen Vorwurf machen könne, da damals nicht bekannt war, dass es mit der gewählten Lösung Probleme geben könne. Doch Stahlglocken sind, wie Fischer erläuterte, etwa 20 Prozent schwerer als Bronzeglocken. Sie wurden an so genannten Stelzenjochen aufgehängt, die sehr schmal sind; an ihnen schwingt die Glocke nicht voll durch, sondern kippt, so dass große Torsionskräfte auf die Joche einwirken. Deshalb mussten in Scheyern bereits zwei Joche ausgewechselt werden; woanders, so Fischer, seien Joche bereits gebrochen. Den Stahlträgern setzt auch der Rost zu, die vor 60 Jahren eingesetzten Nieten beginnen sich zu lösen, ebenfalls ein Gefahrenpotenzial, das beseitigt werden muss.

Dazu kommt noch, dass die Stahlträger die Schwingungen viel stärker auf das Mauerwerk übertragen; bei einer statischen Untersuchung im Sommer dieses Jahres stellte sich heraus, dass ausgerechnet zwei mittlere Glocken dies am stärksten tun; darunter die so genannte Kreuzglocke, die jeden Tag dreimal den Angelus läutet und Hauptglocke des Sonntagsgeläuts ist. Wie die Schwingungen sich auf die Mauer übertragen, spürten die Anwesenden selbst, als probeweise das Läutwerk in Gang gesetzt wurde.

Da diese Schwierigkeiten nicht beseitigt werden können, gab Fischer folgende Ratschläge: Die Glocken zwei und drei sollten nur noch an Hochfesten geläutet werden. Auf Dauer gesehen, sollten die Stahlglocken durch Bronzeglocken ersetzt werden, die laut Gerald Fischer "ein Werk für die Ewigkeit" darstellen.

Dabei könne man die beiden Bronzeglocken, die auf dem Boden der Glockenstube stehen, mit verwenden. Die größere der beiden stammt aus dem Jahr 1816; sie war im Zweiten Weltkrieg bereits auf dem Glockenfriedhof, um eingeschmolzen zu werden, blieb aber erhalten. Außerdem sollte der Glockenstuhl komplett erneuert werden, und zwar in Holz, da hier die Schwingungen gedämpft werden. Diese Ratschläge wurden, wie Abt Engelbert und Pater Lukas bestätigten, auch schon von zwei Glockensachverständigen der Diözesen Augsburg und Aachen gegeben, nämlich von Professor Haupt und Pater Michael aus dem Kloster Maria Laach. Die Kostenschätzungen belaufen sich auf rund 500 000 Euro; im Falle der Realisierung hoffen Kloster und Pfarrei auf große Spendenbereitschaft bei der Bevölkerung.