Schrobenhausen
"Stätte der Herrlichkeit"

02.01.2010 | Stand 03.12.2020, 3:18 Uhr

Künstlerische Harmonie auf der Orgelempore: Judith Spindler und Prof. Norbert Düchtel gestalteten ein rundum überzeugendes Konzert zum Jahresschluss. - Foto: Erdle

Schrobenhausen (SZ) Wie 2009 hatte in St. Jakob am Freitag die Musik das letzte Wort im alten Jahr. Und erneut waren die Akteure beim festlichen Silvesterkonzert die Pfaffenhofener Sopranistin Judith Spindler und Stiftsorganist Professor Norbert Düchtel aus Regensburg.

Knapp 200 Besucher füllten wieder das wenig beheizte Kirchenschiff. Und wie bei der Erstauflage im Vorjahr konnte sich uneingeschränkt hören lassen, was von den beiden Künstlern in knapp 80 Minuten geboten wurde.

Norbert Düchtel, der solistisch und begleitend gleichsam als Akkordarbeiter gefordert war und von dem darüber hinaus auch sämtliche Bearbeitungen des Abends stammten, widerlegte eindrucksvoll das teilweise bestehende Vorurteil gegenüber der Orgel als einem eher unflexiblen, starren Instrument: beeindruckend die Ausdrucksvielfalt, die er der Mathis-Orgel abzugewinnen wusste, wie er nicht nur durch unterschiedliche Registrierung verschiedenste Schattierungen in Klang und Lautstärke zu realisieren vermag; beeindruckend, aber nicht wirklich überraschend, ist Düchtel doch Professor für künstlerisches Orgelspiel an der Musikhochschule Detmold.

Musikalische Kostbarkeit

Das Konzert begann mit einem romantischen Vorspiel zu "Vom Himmel hoch" des Dresdners Paul Geist, setzte sich fort mit einer munteren, aus einem kleinen Motiv entwickelten Fantasie des Pachelbel-Sohnes Wilhelm und zeigte sich klar an Mozarts letzter Kirchensonate KV 336, einem regelrechten Miniaturorgelkonzert im perlenden Rokokostil, bei dem Düchtel die Solostimme klar von der Begleitung abgehoben registrierte; eine musikalische Kostbarkeit, mit ebensolchem Vergnügen gespielt wie gehört.

Einen etwas schwereren Höreindruck bildete die Düchtelsche Eigenkomposition "Im Lichte der Ewigkeit", ein dichtes kontrapunktisches Geflecht als Hommage an Olivier Messiaen, das mit langen Liegetönen, oszillierenden Schwebeklängen und in Messiaen-typischem Gegenüber unterschiedlicher rhythmischer und klanglicher Ebenen den Eindruck des ewigen Kosmos evoziert. Es schloss sich als zweites großes Orgelstück des Abends der Finalsatz aus der ersten (und einzigen) Orgelsinfonie des 1906 früh verstorbenen Auguste? Maquaire an, ein klangmächtiges, virtuoses Stück, in dem Düchtel mit tatkräftiger Hilfe seiner Ehefrau fast alle 30 Register der Mathis-Orgel ziehen konnte.

Klar geführter Sopran

Judith Spindler wusste sängerisch ebenso durchweg zu überzeugen, die Pfaffenhofenerin war mit ihrem klar geführten Sopran sicher bei allen Läufen, zeigte sich so unangestrengt in der Höhe wie klangvoll in der Mittellage. Dabei hatten es einige der von ihr gewählten Stücke durchaus in sich, etwa die viersätzige, koloraturenreiche Solokantate "Tonat coelum" des italienischen Kleinmeisters Gaetano Piazza oder das Laudate Dominum KV 321 von Mozart. Hier glänzte Judith Spindler jeweils mit souveräner Technik und langem Atem. Deutlich hörbar war die zwischen den Musikern herrschende Harmonie, die Eingespieltheit und das gegenseitige musikalische Vertrauen, die Garanten für jeden künstlerischen Erfolg.

In Auszügen aus den innigen Weihnachtsliedern von Peter Cornelius und mit dreien der Biblischen Lieder von Antonin Dvorák legte die Sopranistin das Augenmerk noch stärker auf die hier im Vordergrund stehende Textausdeutung; Judith Spindler vermittelte (Weihnachts-)Freude und Spannung, Scheu, Ehrfurcht und Jubel, wie der Text es jeweils befahl; insbesondere im rezitativischen Stil der Dvorák-Stücke gelang eine sängerisch wie instrumental beeindruckend differenzierte Interpretation.

Als krönender Abschluss das berühmte (wie vokal höchst anspruchsvolle) Halleluja aus Mozarts Exsultate-Motette; wohl eines der besten Konzerte von Judith Spindler, sicher getragen von Norbert Düchtels unfehlbarer Orgelbegleitung.

Papstwort zu Kirchenmusik

Stadtpfarrer Beyrer hatte sich in seiner Begrüßung mit einem Papstwort auf Kirchenmusik als "Stätte der Herrlichkeit" bezogen; wer wollte nach einem solchen Konzert widersprechen?