Pfaffenhofen
Ständiger Kampf ums Vertrauen

Ärztlicher Direktor Hansjörg Aust über die Lehren der Ilmtalklinik aus dem Ernst&Young-Gutachten

22.11.2018 | Stand 23.09.2023, 5:03 Uhr
Auf dem richtigen Weg sieht der Ärztliche Direktor Hansjörg Aust die Ilmtalklinik GmbH bei der medizinischen Versorgung. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Ein frischer Wind weht durch die Ilmtalklinik, seit das Ernst&Young-Gutachten an den medizinischen Abläufen vor anderthalb Jahren teils deutliche Kritik geübt hat. "Wir haben uns mit den Ergebnissen auseinandergesetzt - und unsere Schlüsse gezogen", meint der Ärztliche Direktor Hansjörg Aust. "Und wir sind in vielerlei Hinsicht auf einem guten Weg."

Wird im Kreistag über das Pfaffenhofener Krankenhaus diskutiert, geht es meistens nur um eines: um Zahlen. Bei den Zwischen- und Jahresergebnissen sind diese meist tiefrot - und belasten damit den Haushalt des Landkreises. Als die Geschäftsführer Christian Degen und Ingo Goldammer im Frühjahr ihre wirtschaftlichen Ziele vorstellten, sprachen sie von einer Reduzierung des Jahresdefizits auf etwa vier Millionen Euro. Aber das wird nicht zu halten sein. Der Verlust wird voraussichtlich mehrere hundertausend Euro höher ausfallen, räumte Landrat Martin Wolf (CSU) kürzlich ein. Ein Rückschlag, der Aust zwar ärgert, den der Ärztliche Direktor aber erklären kann.

Im ersten Quartal verließ mit Reinhard Lange der langjährige Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie die Klinik. "Wir haben uns rechtzeitig auf die Suche nach einem Nachfolger gemacht - und einen wirklich guten Mann gefunden", erinnert sich Aust zurück. Aus unvorhersehbaren Gründen trat dieser seinen Posten dann aber doch nicht an. Und statt einfach den Zweiten auf der Liste zu nehmen, rollte die Klinik das Bewerbungsverfahren noch einmal ganz von vorne auf. "Wir wollten eine optimale Lösung. Jemanden, der in dieser ganz zentralen Abteilung wirklich gut zu uns passt."

Für die neuerliche Suche hat sich die Klinik Zeit gelassen. Erst Anfang November trat der neue Chefarzt Achim Hessenberger seinen Posten an. "Wir sind hochzufrieden. Er ist unser absoluter Wunschkandidat", versichert Aust. Aber rein finanziell war zu diesem Zeitpunkt das Kind schon in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen. Denn: "Ein nicht besetzter Chefarztposten kostet uns Vertrauen bei den Patienten - und mangelndes Vertrauen kostet letztlich wiederum sehr viel Geld", so Aust weiter. Diese finanziellen Ausfälle konnten die gut laufenden Abteilungen wie die Gynäkologie oder die Unfallchirurgie schlichtweg nicht ausgleichen.

Trotzdem - oder gerade deshalb - wähnt sich Aust mit seinem Ärzte- und Pflegeteam auf dem richtigen Weg. Denn er braucht junge, flexible und vor allem für Neuerungen offene Mitarbeiter, um die vielen Prozesse in neue Bahnen zu steuern. Das Gutachten hat nämlich viele Ansatzpunkte geliefert, bei denen die Ilmtalklinik besser werden kann. Kompetent, persönlich und heimatnah soll die Klinik ausgerichtet bleiben. Und dennoch gilt auch an einem Krankenhaus der Grundsatz, wonach Zeit bekanntlich Geld ist. Hier spielen Aust die anstehenden Umbau- und Sanierungsmaßnahmen gehörig in die Karten. "So eine Klinik ist ein Riesenapparat. Und da besteht immer die Gefahr, dass sich Prozesse verselbstständigen - und irgendwann alles nicht mehr optimal zusammenpasst." In Pfaffenhofen sind das zum Beispiel die langen Wege im Funktionstrakt. Das Erdgeschoss wurde nach und nach mit externen Praxen belegt, was sich auf die klinikinternen Abläufe jetzt negativ auswirkt. "Da sind wir dran, die Abläufe zu optimieren", versichert Aust. Auch die Zahl der OP-Säle soll steigen. Lediglich drei sind voll nutzbar, der vierte Saal ist eingeschränkt. "Künftig operieren wir in vier vollwertigen Sälen - und eine Erweiterung um einen fünften wird möglich sein."

Rein personell bezeichnet Aust die Klinik als "sehr gut aufgestellt" - zumindest bei den Chef- und Oberärzten. "Wir haben die Fachexpertise in einer schlagkräftigen Truppe", sagt er. Da sei der Standort im Großraum München Gold wert. Probleme räumt er bei der Besetzung mit Assistenzärzten ein. Für die junge Generation sei das soziale Leben in München interessanter als auf dem Land. "Dabei können sie bei uns viel mehr tun und lernen als in den Großkliniken." Die Schwestern, Pfleger und Transportkräfte werden seit Monaten intensiv geschult, um "die Kompetenz des Einzelnen", wie es Aust nennt, zu stärken. Die Mitarbeiter sollen sich auf diese Weise besser gegenseitig helfen können. "Der Blick wird dadurch breiter", erklärt der Ärztliche Direktor. So kann ein Mitarbeiter des Transportdienstes durch Schulung nicht nur Versorgungsgüter transportieren, sondern auch einmal einen Patienten ins Röntgen bringen. Diese Weiterbildungen sind mittelfristig auch ein Weg, um trotz auf dem Arbeitsmarkt fehlender Fachkräfte nicht auf die Bremse treten zu müssen - und gleichzeitig wirtschaftlich zu bleiben. "Wir sind nicht luxuriös ausgestattet, aber wir können die Versorgung unserer Patienten absolut gewährleisten", fügt Aust an. Das Finanzielle stehe zwar für ihn nicht im Vordergrund, sondern das Wohl der Patienten. "Trotzdem fügen wir uns in die wirtschaftlichen Notwendigkeiten - und versuchen nicht mehr Geld auszugeben als nötig." Eines macht Aust aber auch klar: Eine gute medizinische Versorgung kostet Geld - und darf auch Geld kosten.

An der Einnahmenseite lasse sich trotzdem noch arbeiten, führt der Ärztliche Direktor aus. Ausgesprochen gut laufe es zum Beispiel bei der Geburtshilfe, wo die Zahl der Neugeborenen von ehemals 400 auf heuer fast 800 angestiegen ist. "Da haben wir ein gutes Renommée, ein engagiertes Team - das läuft super." Auch hier zeigt sich der gemeinsame Arbeitsansatz durch die erfolgreiche Zusammenarbeit des Klinikpersonals mit den freiberuflichen Hebammen. Auch die Neurologie und die zertifizierte Versorgung von Schlaganfällen wächst. Operativ ist an der Ilmtalklinik mittlerweile der Schwerpunkt Wirbelsäulenchirurgie voll etabliert. Bei der Allgemeinchirurgie kann sich Aust die Erweiterung um die Gefäßmedizin gut vorstellen. "Wir müssen wachsen - und erweitern", sagt Aust. Vor allem komme es aber darauf an, das Vertrauen der Menschen zu gewinnen. Diese sollten eben nicht nur im Notfall an die Ilmtalkliniken kommen, sondern auch, wenn sie die Wahl hätten. "Also nicht nur beim Herzinfarkt, sondern auch bei der geplanten Stent-Implantation im Bereich des Herzens", so Aust. Allein von Notfallbehandlungen könne kein Krankenhaus leben. Denn der allgemeine politische Trend gehe dorthin, die spezialisierten Großkliniken immer weiter zu stärken, während die Unterstützung für die kleineren Krankenhäuser auf dem Land schwindet.

Aus diesem Grund sei es aber auch so wichtig, beim Blick auf die Klinik nicht immer nur die roten Zahlen zu sehen. "Den Menschen ist es sicher wichtiger, dass sie gut und vollumfänglich versorgt werden können, wenn sie krank oder verletzt sind - und weniger, dass der Landkreis kein oder möglichst wenig Geld zuschießen muss." Ein weiteres Beispiel für den neuen Weg, ist das Miteinander mit den Hausärzten: etwa in der Bereitschaftspraxis. Dort hätten sich die Abläufe nach kurzer Zeit prima eingespielt. "Wir kommen sehr gut klar, es gibt keine Klagen. Und alle sind zufrieden - vor allem die Patienten, die sich dort sehr gut aufgehoben fühlen." Wenn jetzt noch die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Klinikabteilungen, die ohnehin schon stark intensiviert wurde, weiter vorangetrieben wird, sieht Aust die medizinische Versorgung auf dem richtigen Weg. "Wenn wir bei der baulichen Sanierung die organisatorischen Zusammenhänge im Gebäude optimieren, sollte es möglich sein, dass wir alle Miteinander auch das Defizit nach unten drücken." Und nebenbei die Ilmtalkliniken in Pfaffenhofen und Mainburg so erhalten, wie sie sind: kompetent, persönlich und heimatnah eben.
 

Patrick Ermert