Stadträte bringen sich fast in Teufels Küche

03.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:22 Uhr

Ein neues Wohngebiet soll in Steingriff zwischen dem Grasweg und dem Rennerweg entstehen. Vor allem ein so genanntes Boardinghaus sorgt im Bauausschuss für lebhafte Diskussionen. - Foto: Spindler

Schrobenhausen (jsp) Wochenendheimfahrer sollen in Steingriff ein neues Zuhause finden. Zumindest hat der Schrobenhausener Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung dem Bau eines so genannten Boardinghauses zugestimmt.

Ein Wohnheim mit 14 Einzimmerappartements – alle ausgestattet mit Nasszelle, aber ohne Küche – sollen zwischen dem Grasweg und dem Rennerweg in Steingriff entstehen. So wünscht es sich die Schrobenhausener Immobilien GmbH. Darüber hinaus sollen auf dem Areal noch sieben Einfamilien- und vier Doppelhäuser untergebracht werden. Über letztere verloren die Mitglieder des Bauausschusses kaum ein Wort.

Dafür umso mehr über das Wohnheim, das Gerhard Winter (CSU) sogleich als Boardinghaus bezeichnete. Für solche Unterbringungen von so genannten Wochenendheimfahrern – Menschen, die bei Schrobenhausener Firmen die Woche über arbeiten und am Ende der Woche wieder nach Hause zurückkehren – gebe es in Schrobenhausen einen erheblichen Bedarf. Als Beispiele führte Winter seinen eigenen Arbeitgeber, die Firma Bauer, aber auch das prosperierende Unternehmen LFK im Hagenauer Forst an. Was Winter aber besonders störte, waren die fehlenden Küchen in den Einzimmerwohnungen.

Wer in einer solchen Unterbringung lebe, wolle sich abends auch mal eine Kleinigkeit zu essen machen, sprach Winter nach eigenen Worten aus Erfahrungen bei der Firma Bauer. Eine Gemeinschaftsküche, wie Planer Rudolf Reiser sie für das Boardinghaus vorgesehen hatte, würde von den Bewohnern aber nicht angenommen. Das sah auch Andy Vogl (CSU) so. Bei seinem Arbeitgeber seien ebenfalls zahlreiche Wochenendheimfahrer beschäftigt. Und in dem Wohnheim gebe es für jede Einraumwohnung auch eine eigene kleine Küche. Alles andere führe nur zu Unmut bei den Bewohnern.

Stadtbaumeisterin Tanja Damson warnte die Stadträte davor, die Appartements mit Küchen auszustatten. Rein baurechtlich wären die Appartements dann als Wohnungen zu werten. In diesem Falle seien nach der geltenden Stellplatzverordnung der Stadt zwei Parkplätze pro Wohneinheit vorzusehen. Dafür sei das Baugelände allerdings zu klein. Auch vor Ausnahmen von der Verordnung warnte Damson eindringlich.

Verkehrsreferent Richard Felbermeir (SPD) schlug als Alternative eine Tiefgarage unter dem Heim vor. Das fiel zumindest auf Wohlwollen bei Günther Schalk (FW). Der Baujurist wollte vor allem mit dem neuen Haus ein ebenso neues Angebot in Schrobenhausen etablieren, das sich offensichtlich einer gewissen Nachfrage erfreue. Auch Schalks Fraktionskollege Axel Striegl sprach sich für eine Tiefgarage aus. Von Ausnahmen bei der Stellplatzsatzung riet er ab: "Da kommen wir in Teufels Küche."

Vor allem Winter und Vogl wollten nicht von eigenen Küchen in den Appartements abrücken. Letztendlich fanden sie dabei Unterstützung bei stellvertretender Bürgermeisterin Inge Eberle (CSU): "Mit allem anderen lügen wir und doch nur selber in die Tasche."

Die Lösung des Problems ergab sich in der fast 45-minütigen Debatte wie von selber: Ein Doppelhaus werde gestrichen im Bauplan, das Wohnheim versetzt und schon gebe es ausreichend Raum für Parkplätze. Da folgte aber der Leiter der Schrobenhausen Immobilien, Ulrich Mayer, nicht. Er verzichte lieber auf vier Appartements als auf einen Bauplatz. Darauf ließen sich alle zehn Stadträte nebst Bürgermeister ein. Jetzt wird das Boardinghaus aus zehn Appartements mit eigenen Küchen bestehen und genügend Platz für die nötigen Parkplätze geschaffen.