(gsc)
Stadtgeflüster vom 9. August 2013

08.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:48 Uhr

(gsc) Prozessieren müssen heißt auf dieser Welt schon verdammt sein: Diesen Spruch verdanken wir dem französischen Dramatiker Molière. Allerdings gibt es zumindest ein Gericht, an dem man nicht verdammt ist: das der portugiesischen Stadt Porto. Dort kommen die Richter mitunter zu so fidelen und lebensprallen Urteilen, dass man sich fragt, warum Verhandlungen anderswo immer so nüchtern ablaufen.

Gerade erst standen dort zwei Müllmänner vor Gericht, die am Valentinstag des vergangenen Jahres so beschwingt ihrer Arbeit nachgegangen waren, dass sie von der Polizei aus dem Verkehr gezogen wurden und einen Alkoholtest machen mussten. Der Fahrer hatte 1,7 Promille intus, sein Kollege, der auf dem Trittbrett gestanden und in einer Kurve über Bord gegangen war, 2,3 Promille – was zur Folge hatte, dass ihre Chefs schäumten und die beiden trinkfesten Müllmänner feuerten. Doch die Firma hatte die Rechnung ohne das besagte Gericht gemacht. Denn die beiden unglücklichen Müllmänner strengten einen Prozess auf Wiedereinstellung an – und gewannen. Die drei Richter fällten ein Urteil von geradezu philosophischer Tiefe: Unter Alkohol, so das hohe Gericht, könne der Arbeiter „die Widrigkeiten des Lebens überwinden“ und „viel leichter schwere Last auf ihr Fahrzeug wuchten“. Und da die Müllmänner gewiss keine angenehme Arbeit hätten, könne man annehmen, dass „ein fröhlicher Arbeiter sehr produktiv und ein exzellenter und schneller Entsorger ist“.

Die Widrigkeiten des Lebens unter Einbeziehung berauschender Getränke überwinden: Das würden wir so manchen Figuren aus dem öffentlichen Leben Ingolstadts wünschen; vor allem denen, die unter der Last der ihnen auferlegten Aufgaben leiden. Als erstes fiele uns die Ortsgruppe der SPD ein, deren Protagonisten so mit sich selbst beschäftigt sind, dass sie partout keinen OB-Kandidaten finden. Ihnen kann man nur empfehlen, künftig vor ihren Arbeitssitzungen so viele Halbe hinunterzustürzen, dass sie – in Anlehnung an das Urteil von Porto – in einen Zustand fröhlicher Produktivität geraten. Womöglich wachsen die wackeren Genossen dann so über sich hinaus, dass sie ihrer eigenen Führung endlich reinen Wein einschenken und sie, nun ja: entsorgen. Auch dem designierten neuen OB Christian Lösel wäre dringend anzuraten, den Bürgerkonzern nur im Zustand fortgeschrittener Bierseligkeit zu schultern. Zumal er noch eine ganz andere Altlast mit sich herumschleppen muss, ein paar dominante CSU-Granden, die ihn mit väterlichem Rat unterstützen, also selbst die Strippen ziehen wollen.

Nicht zu vergessen: die Audi-Vorstände. Die benötigen eine besonders große Portion Fröhlichkeit, um den Widrigkeiten ihres rastlosen Managerlebens zu trotzen. Ständig müssen sie um die Welt reisen und den Leuten erzählen, wie toll sie ihre eigenen Produkte finden. Um das zu ertragen, braucht es eines permanenten Premium-Suffs. Die Audi-Oberen dürfen nur nicht vergessen, den Konzernslogan zu ändern: Vorsprung durch Trinktechnik.