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Stadtgeflüster vom 8. Juni 2017

07.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:59 Uhr

(rl) Wir wissen es alle: Schick und praktisch, das geht leider nicht immer zusammen. Denken wir nur an die todschicken High Heels in unserem Schuhschrank, die wir bestenfalls einmal im Jahr zum Ballkleid tragen - und das in halsbrecherischer Weise schon fast unter Lebensgefahr, wenn wir an dieser Stelle mal ein klein wenig übertreiben dürfen.

Gottlob haben sich die Modemacher der Tatsache, dass wir Frauen heutzutage größtenteils eher sportlich unterwegs sind, angepasst und Sneaker und andere bequeme, weil flache, Treter zum Must Have der Saison erklärt. Daran sollten sich die Architekten in unserem Lande echt ein Beispiel nehmen.

Wer im Schanzer Carrée, der modernen Neubausiedlung auf dem ehemaligen Pioniergelände, unterwegs ist, kann mitunter geradezu gespenstische Szenen verfolgen. Frauen (oder auch Männer), die sich im ersten, zweiten oder dritten Stockwerk des würfelartigen und architektonisch durchaus ansprechenden Flachdach-Gebäudes halsbrecherisch aus dem Fenster lehnen, um es irgendwie zu schaffen, jenen Teil der Fensterfläche zu erreichen, der eigentlich von der Wohnung aus unerreichbar ist. O. K. Mittels Teleskop-Fensterwischer und etwas akrobatischem Geschick kann man den äußersten Winkel der Glasfront von der Fensterbrüstung aus mit mehr oder weniger verdrehtem Kreuz gerade noch erwischen. Doch man hat auch (bitte nicht nachmachen!) schon Frauen gesehen, die sich mit einem Bein über die Brüstung schwingen, mit einer Hand festhalten, um mit der anderen bei einer Art Fensterritt das Putztuch zu schwingen. Kann man da im Fall des Falles eigentlich den Architekten haftbar machen?

Wir wissen ja: Die meisten Unfälle passieren im Haushalt. Hier sterben jedes Jahr mehr Menschen als im Straßenverkehr. Nach den aktuellsten vorliegenden Daten der Landesstatistikämter kamen 2015 genau 9815 Menschen bei Unfällen in der Wohnung oder im Haus ums Leben. Im Straßenverkehr waren es nur 3500 Menschen. Die Zahl tödlicher Hausunfälle nimmt seit 2007 zu.

Dass Fenster in mehrere Glasfronten aufgeteilt sind, die sich nicht alle öffnen lassen, ist in der Architektur heutzutage Usus. Nur sollte bei solch moderner Planung mindestens einmal im Jahr ein professioneller Fensterputzservice im Kauf- oder Mietpreis enthalten sein. Ansonsten kann man den fleißigen Hausfrauen oder -männern beim Fensterputzen nur eines wünschen: Hals- und Beinbruch!