Stadtgeflüster vom 4. März 2011

03.03.2011 | Stand 03.12.2020, 3:05 Uhr

(str) Es gibt Orte, da schielen die Bewohner verstohlen zum Nachbarn. Und es gibt Orte, da geben einige Bürger ihren Neid offen zu. Zu denen, die ihren Neid ganz freimütig nach außen tragen, gehört Saas-Fee. Das beschauliche Dorf im Schweizer Kanton Wallis hat vieles, was auch der Luftlinie nur knapp neun Kilometer entfernte Nachbarort Zermatt hat. Viele Touristen, im Sommer wie im Winter, abgesehen von den kleinen Elektromobilen haben beide Ortschaften sich nicht mit Verkehrsproblemen herumzuplagen. Auch viele hohe, schroffe Berge gibt es sowohl in Saas-Fee als auch in Zermatt. Im Westen von Saas-Fee erhebt sich beispielsweise der Dom, mit 4545 Metern immerhin der höchste Berg, der komplett auf Schweizer Boden steht. Dazu kommen weitere zwölf Viertausender.

Und trotzdem sind die Saas-Feer neidisch auf den Nachbarn. So neidisch, dass sie den Zermattern ihre beliebteste Sehenswürdigkeit streitig machen wollen. Diese Sehenswürdigkeit kennt nicht nur in der Schweiz fast jedes Kind: das Matterhorn. Die Einheimischen nennen es häufig schlicht: den Berg. Blöd nur für Saas-Fee, dass keiner das Matterhorn vom eigenen Ortsgebiet sehen kann. Der 4027 Meter hohe Allalin steht im Weg. Der frühere Bürgermeister von Saas-Fee hat jetzt einen interessanten Vorschlag ins Spiel gebracht: Einen, der selbst für die findigen Schweizer ungewöhnlich ist. Er möchte auf einen Tunnel durch den Allalin graben lassen! Zwei Kilometer lang und auf 3500 Metern Höhe. Zum einen würde dieser Tunnel ein Superskigebiet entstehen lassen. Aber viel mehr noch. Touristen in Saas-Fee müssten nicht auf Fels und Eis des Allalin blicken, vielmehr könnten sie zukünftig das Matterhorn sehen. Solch revolutionäre Ideen hat in Ingolstadt noch niemand ausgesprochen.

Der Schanzer gehört eher zu denen, der mit seinem Neid etwas mehr hinterm Berg hält. Trotzdem träumt er gerne von den Vorzügen anderer Städte. Die Regensburger Sperrzeit für Lokalitäten in der Innenstadt wird gerne als positives Beispiel genannt. Genauso ein Wunsch wäre ein bewirtetes Floß auf der Donau wie die Mainkuh in Würzburg. Oder ein Tunnel am Fluss, wie ihn der Heidelberger Gemeinderat beschlossen hat. Das wäre auch was. Die Schweizer hätten bestimmt auch für die Schanz tolle Einfälle. Vielleicht eine Schneise vorm Rathausplatz, damit man das Münster vom Café Moritz stets im Blick hat. Oder eine Art große Käseglocke, die die Stadt vor dem Ölgestank der Raffinerie (oder wer auch sonst dafür verantwortlich sein mag) schützt. Keine Idee ist zu verrückt. Das macht das Beispiel Saas-Fee deutlich.