(rl)
Stadtgeflüster vom 31. August 2013

30.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:44 Uhr

(rl) Haben Sie heute schon auf Ihrem Computer eine Seite ausgedruckt? Sie Umweltfrevler! Ja, auch Sie zu Hause sind mit dafür verantwortlich, dass Deutschland beim durchschnittlichen Pro-Kopf-Papierverbrauch im Jahr 2010 an dritter Stelle lag – hinter Belgien und Österreich. 248 Kilo Papier hat jeder Deutsche in einem Jahr verbraucht.

Da loben wir uns Indien, wo der Verbrauch pro Bürger bei schlappen neun Kilogramm lag. Hätte China, wo jedel im Jahl 69 Kilo Papiel velwendelt, den gleichen Bedarf wie Deutschland, würde allein dieses Land die gesamte Weltproduktion an Papier verschlingen – vermeldet die Abteilung Arbeits- und Umweltschutz der TU Berlin auf ihrer Homepage im Internet (www.arbeits-umweltschutz.tu-berlin.de).

O.k, wir in der Redaktion sind auch nicht besser. Wir sind die gleichen Umweltfrevler, auch wenn wir die für diese Zeilen nötigen Passagen nur auszugsweise ausgedruckt haben. Wir wissen schließlich ganz genau, dass jeder fünfte Baum, der auf der Welt gefällt wird, sein Leben für die Papierindustrie lassen muss. Wenn es also irgendwie geht, markieren wir vor dem Druckvorgang, was wir später vor uns auf dem Schreibtisch liegen haben wollen.

Manchmal freilich, im Eifer des Gefechts, vergessen wir, an der richtigen Stelle ein Häkchen zu machen. Neulich ist uns dies bei einer Pressemitteilung des CSU-Ortsverbandes Ingolstadt-West passiert. Die Christsozialen aus Gerolfing, Dünzlau, Mühlhausen, Pettenhofen und Irgertsheim laden zum Waldspaziergang mit ihren Bundes-, Landtags- und Bezirkstagskandidaten. Was gibt’s Schöneres, als gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Reini Brandl, Sozialministerin Christine Haderthauer, dem Gerolfinger Landtagskandidaten Markus Meyer sowie den Bezirkstagskandidaten Patricia Klein und Roland Schermer durch den Gerolfinger Eichenwald zu wandern und dabei über Dinge wie Umweltschutz zu schwadronieren? Aus Sicht des Naturschutzes hebt sich so ein Wahlkampftermin zweifellos von allen anderen ab. Da kann der Kaffeeklatsch mit Claudia Roth von den Grünen noch so gemütlich gewesen sein.

Allein die Frage, warum der CSU-Ortsverband Ingolstadt-West auf drei aufeinanderfolgenden Papierseiten riesig sein Emblem präsentiert, bevor auf Seite vier in wenigen Zeilen die Infos zum Waldspaziergang zu finden sind, gibt uns zu denken. Dabei, finden wir, wäre die CSU in Gerolfing auch ohne eine solche Papierverschwendung gewichtig genug.