(reh)
Stadtgeflüster vom 30. November 2012

29.11.2012 | Stand 03.12.2020, 0:46 Uhr

(reh) Man stelle sich das nur mal vor: Da sind sie alle gekommen, in voradventlicher Stimmung. Der Schneefall hat rechtzeitig für den Termin eingesetzt. Es ist klirrend kalt. Der Glühwein schmeckt sogar.

Der OB ist eben auch da. Er drückt aufs Knöpferl. Und: Nichts. Drückt noch einmal: Rein gar nichts passiert. Alles bleibt so dunkel, wie es war. Von strahlender Weihnachtsbeleuchtung kann der Christkindlmarktbesucher nur träumen.

Dieses Szenario hätte es in München kürzlich tatsächlich geben können. An dem Tag, an dem der Landeshauptstadt von einer höheren Macht der komplette Saft für mehrere Stunden abgedreht wurde. Bei dem Stromausfall wäre auch der städtische Oberhäuptling Christian Überall aufgeschmissen gewesen. Herr Ude hätte die große Punschsause auf dem Marienplatz vor seinem Rathauszimmerchen in pechschwarzer Nacht eröffnen müssen. Und schuld daran ist nur die SPD, ließe sich hier halbspaßig für den Ministerpräsidentenkandidaten der Genossen anfügen.

Weil – das ist natürlich klar – im bisher tiefschwarzen Ingolstadt wäre so ein Szenario undenkbar. Hat ja auch wunderbar geklappt gestern Abend auf dem Theaterplatz. Der Oberhäuptling Alfred Überall drückte mit dem Christkindl und dem Nikolaus aufs Knöpfchen. Und zack, alle kleinen Lämpchen, die sich die Herrschaften aus dem städtischen Marktausschuss je in ihren Träumen vorstellten, ließen den Christkindlmarkt schlagartig erstrahlen.

Etwas anderes wäre auch kaum erwartbar gewesen, da sich Ingolstadt wie kaum eine andere Stadt mit dem Thema Energiewende auseinandersetzt. Eine eigens einberufene Expertenkommission hat mit militärischer Präzision ein „Krisenhandbuch Stromausfall“ erstellt. Fast überflüssig zu erwähnen, dass Oberstleutnant a. D. Albert Wittmann als Ein-Mann-Krisenreaktionskraft für alles verantwortlich zeichnete. Um sich für den verantwortungsvollen Posten als Netzverteidiger zu rüsten, spannte der stellvertretende Kommandeur des Rathauses übrigens sogar seine Familie ein. In einer Art Manöver – denn als solches interpretieren wir die wahren Begebenheiten einfach mal – flog heuer bei Wittmanns daheim an einem Tag mehrfach die Hauptsicherung raus. Offiziell war ein kaputter Trockner der Auslöser, inoffiziell diente die Geheimoperation „Blackout“ als Vorbereitung für den Weihnachtsmarkt. Der Bürgermeister zufrieden in der Manöverkritik: „Da kannst du dir nicht einmal einen Tee machen!“ Und schon gar keinen Glühwein – die Währung, die seit gestern zählt.