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Stadtgeflüster vom 30. März 2017

29.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

(flw) Wenn die Sonne scheint und der Frühling Einzug hält, liegt auch immer ein bisschen Liebe in der Luft. Viele Verliebte gehen im Park händchenhaltend spazieren oder schauen sich bei einer Kugel Eis ganz tief in die Augen.

Und manche Paare kaufen sich ein Schloss. Nein, kein kleines Neuschwanstein. Sondern ein Vorhängeschloss, das an ein Geländer gehängt und dann verschlossen wird. Die Schlüssel werden in vielen Fällen gleich weggeworfen. Denn die Bindung gilt, wenn das Schloss zuschnappt, als besiegelt. Nichts und niemand soll diese trennen. Die Beziehung soll möglichst ewig Bestand haben. Liebesschlösser schmücken auch Ingolstadt.

Allerdings sind es seit Dienstag ein paar weniger. Denn auf dem Fußgängersteg, der im Klenzepark über die Donau führt, lagen einige Schlösser herum. Jemand hatte ganz offensichtlich mutwillig einige der Liebesbeweise aufgebrochen. Wer der Verursacher dieser durchaus unromantischen Aktion ist, ist bislang unklar. Vielleicht hatte eine Schanzerin oder ein Schanzer starken Liebeskummer. Und weil er - oder sie - das eigene Liebesschloss nicht mehr finden konnte, hat dieser - oder diese - sich gedacht: "Ich knack gleich ein paar mehr Schlösser auf, dann wird meines schon dabei sein."

Die Stadt bezeichnet den Vorfall als "bedauerlich". Im Ingolstädter Rathaus hoffen sie, dass sich so etwas nicht mehr wiederholt. Man habe Mitleid mit den Betroffenen, war am Dienstag vonseiten des Pressesprechers zu hören. Das mit den Liebesschlössern am Geländer sei im Grunde schon in Ordnung so, sagte Michael Klarner. Außer es gebe statische Bedenken oder eine Renovierung stünde an. Ja, es setzte sich tatsächlich der Eindruck fest, dass eine Stadt Liebesschlösser mögen kann.

Das ist aber nicht überall in Deutschland so. Die Gemeinde Eichstetten (im Südwesten von Baden-Württemberg) forderte ihre Bürger kürzlich dazu auf, die Schlösser am Geländer eines dortigen Aussichtsturms zu entfernen. Jedoch nicht, weil sie statische Bedenken hätte - etwa, dass das Gewicht der Schlösser den Turm einstürzen lassen könnte. Sondern, wie es offiziell heißt, "um Rostschäden zu vermeiden". Die Anordnung des Eichstettener Rathauses mutet umso seltsamer an, wenn man bedenkt, dass ganze sechs (!!) Liebesschlösser das Geländer des Turms zieren.

Kann man die Liebesschlösser von Ingolstadt und Eichstetten nun tatsächlich miteinander vergleichen? Viele werden sicher "Nein" sagen. Denn auf der Schanz hängen Hunderte Schlösser am Geländer im Klenzepark. Dennoch macht sich die Stadt keine Gedanken über eventuelle Rostschäden und damit verbundene Reparaturkosten. Und doch haben die "aufgebrochenen Beziehungen" in beiden Städten etwas gemeinsam: Diese Liebe rostet nicht.