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Stadtgeflüster vom 29. Juli 2015

28.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

(rh) Der Mensch wächst mit seinen Aufgaben, insbesondere der gewählte Mensch, der sein Amt einer Abstimmungsmehrheit zu verdanken hat. Wenn ein Mandatsträger sich plötzlich vor eine Herkulesaufgabe gestellt sieht und entschlossen die Ärmel hochkrempelt, darf er des großen Zuspruchs bei den Wählern sicher sein.

Oft gehen damit schicksalhafte Wendungen einher. Als etwa im Jahr 2002 SPD-Kanzler Schröder die Bundestagswahl zu verlieren drohte, öffnete der Himmel alle seine Schleusen und überflutete den Freistaat Sachsen, so wie einst der Herr, als er eine Sintflut über die verdorbene Menschheit kommen und nur den gottesfürchtigen Noah überleben ließ. Gerhard Schröder jedoch ging hin, zog seine Gummistiefel an, eilte ins Katastrophengebiet, ließ sich filmen – und gewann die Wahl.

Wolfgang Scheuer hat seine Wiederwahl noch vor und fünf Jahre als Stadtreferent hinter sich. Der Jurist und verdiente FW-Mann kam damals in die Stadtregierung, wie man halt so in eine Koalitionsregierung kommt. Lange verwaltete er das Umweltressort betont ökologisch, indem er bei der Arbeit möglichst wenig Emissionen zu produzieren bemüht war. Der geräuschlose Einsatz des Referenten für die Umwelt Ingolstadts lag in der Regel deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Stadtrats.

Doch seit Wolfgang Scheuer nur noch Sozialreferent ist, erkennt man ihn nicht wieder. Das politische Schicksal hat dem Mann eine gleichermaßen heikle wie anstrengende, ebenso schwierige wie undankbare Aufgabe zugewiesen: das Flüchtlingsproblem. Unter Politikern verwendet man dafür gern die Floskel, wonach ein Amt „nicht vergnügungssteuerpflichtig“ sei. Doch Scheuer nutzt unerschrocken diese Gelegenheit, um den Zucheringern und Gerolfingern, aber auch allen anderen Ingolstädtern, die sie nicht hören wollen, unangenehme Wahrheiten ins Gesicht zu sagen. Somit dürfte seiner Mission Impossible, Teil 2, nichts mehr im Wege stehen.